DER FISCHER UND SEINE FRAU

Habgier & Rollentausch
Doris Dörries Thesenkino

Die Grimm-Brüder erzählen in ihrem Märchen von weiblicher Habgier und deren verhängnisvollen Folgen. Die unermüdliche Doris Dörrie glaubte in dem Volksmärchen genug Stoff für eine erhellende Beziehungskomödie gefunden zu haben.
Die ersten Filmminuten gehören einem verwunschenen Fischpaar, das erst wieder zur menschlichen Existenz zurückkehren kann, wenn es ein Liebespaar findet, das es mehr als drei Jahre miteinander aushält. In Ida (Alexandra Maria Lara) und Otto (Christian Ulmen) sehen sie vielversprechende Aspiranten. Immerhin bringen die beiden während einer Japan-Reise Kennenlernen, Hochzeit und Flitterwochen in Rekordgeschwindigkeit hinter sich.
Otto ist ein Fischdoktor, der die medizinische Versorgung von Zierfischen für seine gut betuchte Kundschaft übernimmt. Wie schon in Herr Lehmann spielt Christian Ulmen einen Mann ohne Ambitionen, der in seiner bescheidenen Existenz ruht. Ida hingegen kommt aus einem ganz anderen Universum. Die aufstrebende Klamotten-Designerin will raus aus der kuscheligen Wohnmobil-Idylle und in der Modewelt Karriere machen.
Vom Wohnmobil in die Sozialwohnung ins Reihenhaus in die Stadtvilla: der unaufhaltsame Aufstieg der ehrgeizigen Ida wird immobilienmäßig bebildert. Es kommt zu Entfremdung, Disputen und Ehebrüchen, und erst der gemeinsame soziale Wiederabstieg schweißt das Paar wieder zusammen.
Phlegma und Karrieregeilheit, Aquarium und Jetset-Welt, das Wohnmobil auf dem Rastplatz und die Villa am See, der schnöde Mammon und das, worum es im Leben eigentlich geht (was immer das auch sein mag) - die Widersprüche bleiben klischeehaft, sie erläutern nicht, dass hier ein Rollentausch zwischen Mann und Frau stattfindet.
Alexandra Maria Lara, die hochemotionale Momente übereifrig ins Peinliche transformiert, und Christian Ulmen, der als phlegmatischer Held an seiner schauspielerischen Limitiertheit entlang schlendert, sind auch keine große Hilfe.
Wie schon in Nackt stellt Dörrie Figuren ins Zentrum, die keine anderen Sorgen haben außer sich selbst.
Die Mischung aus trivialfeministischer Thesenhaftigkeit und küchenphilosophischen Lebensweisheiten ergibt ein enervierendes Kinoerlebnis, das sogar noch Dietls Vom Suchen und Finden der Liebe an hochtrabender Banalität in den Schatten stellt.

Martin Schwickert
D 2005 R&B: Doris Dörrie K: Rainer Klausmann D: Alexandra Maria Lara, Christian Ulmen