VERTRAUTER FEIND


Flöten im Nichts

Ein Film mit fünf Drehbuchautoren - also gar keinem

Die Dreharbeiten sollen dem Regie-Routiner Alan J. Pakula (Klute, Die Unbestechlichen, Aus Mangel an Beweisen) jede Menge Trouble bereitet haben. Und so hat sich Brad Pitt, neben Harrison Ford die zweite Hauptfigur in Vertrauter Feind, vorsichtshalber kurz nach dem US Start erstmal von dem Film distanziert. Fünfmal ist alleine das Drehbuch umgeschrieben worden, der Schluß mußte komplett neu gedreht werden.
Sowas geht natürlich an keinem Film spurlos vorrüber, und das Endergebniss präsentiert sich dementsprechend katastrophal.
Es geht um Irland und seinen Bürgerkrieg. Trotzdem ist der Schauplatz dieses Films New York. Ein IRA Mann (Brad Pitt) soll in den Staaten Stinger-Raketen für den Kampf gegen englische Hubschrauber besorgen. Ein Mittelsmann schleust ihn in eine irische Polizistenfamilie ein. Der Polizist (Harrison Ford) befindet sich ebenfalls im Krieg, nämlich gegen die Kriminalität, die tagtäglich auf den Straßen New Yorks stattfindet. Dabei hat er noch nie einen Menschen getötet. Was man von IRA-Brad nich gerade behaupten kann. Elf Polizisten und zweiundzwanzig Soldaten hat er schon umgebracht. Und das alles nur weil er als Achtjähriger mit anschauen mußte wie "Die" seinen Vater abknallten, während der sein Irish Stew verputzte. Dazu tröllern im Hintergrund die Flöten, das tun sie übrigens immer dann, wenn dieser Film etwas mit Irland zu tun haben will. Dieses schreckliche Erlebnis wird gleich am Anfang gezeigt, dann geht alles nahtlos in einen Kriegsschauplatz über. Wir sehen Pitt bei der Arbeit, die uns Pakula ungefähr so zeigt: Netter Junge von nebenan vertauscht den Fußball mit der Maschinenpistole und wird zum tödlichen Exterminator. Hasta La Vista, Baby. So hat man sich das also vorzustellen da drüben, in Belfast. Eigentlich interessiert sich Pakula für den Bürgerkrieg in Irland nur marginal, er braucht halt ein Vehikel für seine Geschichte. Das ist gute alte Story von einem Mann, der einen anderen Mann jagt. Gut gegen Böse, Schwarz gegen Weiß.
So einfach macht es sich Pakula dann doch nicht. Die beiden Männer durften sich, angesichts der verzwickten Situationen, die so ein Bürgerkrieg unter Landsleuten auslösen kann, auch ein paar Tränen aus den Augen drücken. Und zwar in Großaufnahme. Das ist immer dann besonders schön, wenn die Kamera ein paar Sekunden auf dem Schmuse-Face Brad Pitts verweilt. "Was soll ich bloß mit meinem Gesicht in dieser Szene machen?" scheint er sich zu Fragen. "Nichts Brad, gar nichts" rufen wir ihm zu "und halt am besten auch noch die Klappe".
Wieso geben die Produzenten bloß soviel Geld für eine Schaufensterpuppe aus? Also, leichtes Spiel für Harrison Ford könnte man meinen. Eben nicht. Man merkt auch ihm an, daß er Mühe hat gegen dieses Great Big Nothing, das sich Drehbuch nennt, anzukämpfen. An ihm scheitert's aber nicht, auch wenn ich Ford sonst für keinen besonders guten Schauspieler halte. Das ärgerlichste ist und bleibt der Plot, der sich nicht entscheiden kann; bin ich nur ein Thriller oder bin ich gar Polit? Bin ich etwa ein Politthriller? Nö, eigentlich ist Vertrauter Feind nur ein konventionell heruntergekurbelter Streifen, der so tut als wäre alles ganz schrecklich ernst gemeint. Wollen wir mal hoffen, daß das nicht stimmt. Denn wenn dem so wäre, könnte man Pakula durchaus für bescheuert halten.

Mirko Puzic