DIE FANTASTISCHEN VIER
Yps-Men Unglaublich: die Farce folgt der ParodieEigentlich ist er ganz nett" sagt der linkische Wissenschaftler zu seinem tumben Kumpel, als beide vor dem Firmensitz eines gewissen Von Doom stehen. Dabei wissen doch alle, dass der zum gewissenlosen Oberbösewicht wird, weil er so sprechend heißt, weil er eine protzige Statue seiner selbst vor dem Hochhaus stehen hat, und weil dies ein Superhelden-Comic-Film ist, in dem immerzu der Held den Schurken von früher kennt.
Dabei ist der eigentliche Erzfeind ein Deutscher, Bernd Eichinger, Großproduzent. Der kaufte vor 20 Jahren schon die Filmrechte an der Marvel-Comic-Familie der "Fantastic Four" aus den 60ern.
Als nach 10 Jahren die Rechte wegen Nicht-Verfilmung zu verfallen drohten, gab Eichinger der Spar-Film-Legende Roger Corman eine Million für einen Fanta-4-Film, drehte dann den Geldhahn zu und sperrte das Material in die Bleikammern.
Noch einmal 10 Jahre später machte er Ernst, brachte vier Super-Produzenten zusammen (Chris "Harry Potter" Columbus, Avi "Spider Man" Avrad, Ralph "X-Men" Winter und Stan Lee, den Erfinder der "4") und machte für sie den Dr. Doom. Ergebnis: in Amerika lacht die Kritik, aber das Publikum strömt in Scharen. Auf der Suche nach dem Original der "Unglaublichen"?
An der Story kann es jedenfalls nicht liegen. Vier Jung-Forscher kriegen im Weltraum einen DNA-verändernden Regenschauer ab, wachsen zu einer schlagkräftigen Freak-Show zusammen und vermöbeln den Fiesling. Fertig. Keine Welt wird gerettet, kein tiefes Trauma überwunden, man hatte nur ein bisschen Spaß im Ferienlager.
Am Drehbuch liegt es auch nicht, das protzt geradezu mit Löchern und Logikfehlern. Und an den Tricks erst recht nicht. Weder die computerisierte Körperelastik des Fanta-Chefs, noch die Durchsichtigkeit der Mutter der Kompanie können beeindrucken, die "menschliche Fackel" macht ein bisschen Feuerzauber her, aber wirklich wirkt nur das unförmige "The Thing"-Kostüm des ewigen Kumpels (Michael Chiklis, der beste Schauspieler am Set).
Für "The Thing" schrieb Twin Peaks-Autor Mark Frost auch die besten Witze mit Hintergedanken. Einmal zerdeppert Thing, wütend über seine Monstrosität, eine Action-Figur von sich, führt sich jedoch später genau so auf wie sein Merchandise-Image.
Die Witze sind überhaupt der Clou. Es gibt Party-Frotzeleien statt Philosophie, coole Sprüche statt Neurosen, Sitcom statt Drama. Und es gibt keine Leichen, obwohl die vier Helden ziemlich hemmungslos etwa mit Autos um sich werfen.
Stan Lee, der als Postbote ein nettes Cameo absolviert, sagte schon in den 60ern, er schreibe seine Comics nur für 12jährige. Der Film heute ist ab 12 freigegeben. Und wenn man zwischen Gähnen und Giggeln zum Hingucken kommt, merkt man: Er behandelt eigentlich ganz nett die seltsamen Veränderungen, die gerade im Körper seines Publikums vorgehen. Man wächst an den komischsten Stellen, man brennt vor Verlangen, aber die anderen sehen nicht, wie's in einem aussieht, und ach so oft fühlt man sich nur als Klotz am eigenen Bein. Immerhin: im Kino kriegen alle vier Aspekte der pubertierenden Gesamt-Persona ihren Kuss und werden glücklich. Dafür ist das Fantastische Genre schließlich auch da.
Vergesst den Hulk und allen Seelenquatsch, haut auf die Pauke und schnappt euch das Mädchen, mehr Heldentat braucht keine Welt.
WING
The Fantastic Four. USA 2005. R: Tim Story, B: Mark Frost / Michael France, K: Oliver Wood, D: Ioann Gruffud, Jessica Alba, Chris Evans, Michael Chiklis, Julian McMahon
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