ENTTARNT

Die Festung

Die unglamouröse Version eines peinlichen Spionagefalls in den USA

Der Fall Robert Hanssen, als über zwei Jahrzehnte hinweg bis Mitte der 80er ein Spion die Sowjetunion mit geheimen Informationen direkt aus der FBI-Zentrale belieferte, gilt als einer der verheerendsten Spionagefälle der US-Geschichte.
In Enttarnt zeichnet Regisseur Billy Ray ein gezielt unglamouröses Porträt des Meisterspions, der zu den Hauptverantwortlichen im Bereich der Spionageabwehr zählte.
Als der ehrgeizige Nachwuchsagent Eric O'Neill (Ryan Phillippe) als Sekretär in Hanssens Büro eingeschleust wird, soll er dessen Leben auf vermeintliche sexuelle "Abweichungen" hin untersuchen. Aber das Bild, das Eric von seinem Chef bekommt, entspricht nun gar nicht der Vorstellung vom einem zwielichtigen Perversling.
Hanssen ist ein fürsorglicher Familienvater, praktizierender Kirchgänger und mit der erzkatholischen Logenorganisation "Opus Die" eng verbunden.
Erst nach wochenlanger ergebnisloser Recherche eröffnet die Auftraggeberin (Laura Linney) Eric, dass seine Zielperson verdächtigt wird, für den KGB zu arbeiten.
Ähnlich wie De Niros Der gute Hirte lenkt auch Enttarnt den Blick auf die charakterlichen Verwüstungen, die der Beruf des Geheimagenten mit sich bringt.
Aber Ray setzt, anders als De Niro, sein Geheimdienst-Porträt als dichtes und vollkommen unspekulatives Kammerspiel in Szene.
Die FBI-Zentrale wird mit ihren langen Fluren, fensterlosen Büros und versteckten Hinterzimmern als fast schon kafkaeske Festung in Szene gesetzt. In dem hierarchisch strukturierten Großbetrieb erlangte Hanssen nie die Anerkennung, die er für seine Dienste erwartete. Die Wandlung vom Patriot zum Landesverräter ist für ihn auch ein Kampf gegen die eigene Bedeutungslosigkeit.
Chris Cooper spielt diese tragische Agentenfigur, in dessen Seele Narzissmus und Loyalität gegeneinander antreten, mit bewundernswerter Präzision und Strenge. Allzu diszipliniert hingegen wirkt Rays Regiekonzept, das sich ein wenig zu sehr den Fakten des Falles und einer entschlackten Ästhetik verpflichtet fühlt und dabei den Spannungsbogen der Geschichte oftmals aus den Augen verliert.

Martin Schwickert

Breach USA 2006 R: Billy Ray B: Adam Mazer, William Rotko, Billy Ray K: Tak Fujimoto D: Chris Cooper, Ryan Phillippe, Laura Linney


Das Interview zum Film