DIE 4. REVOLUTION - ENERGY AUTONOMY

Der Sonne entgegen

Ein Dokumentarfilm wie Donnerhall. Carl-A. Fechner erklärt: Grün ist möglich!

Eigentlich wollte sich Regisseur Carl-A. Fechner mit seinem Film ja noch in die Bundestagswahlen einmischen. Aber dann dauerte es nach drei Jahren weltweiter Dreharbeiten doch etwas länger mit dem Feinschnitt, und jetzt soll Energy Autonomy seine eigene Kampagne zur Rettung der Erde anstoßen.

Die beginnt mit den nächtlichen Los Angeles, überstrahlt von ungezählten Lichtern, kommentiert von Hermann Scheer. Statt "Verschwendung" zu rufen oder die Reklame auf Energiesparlampen umstellen zu wollen, äußert der Träger des Alternativen Nobelpreises erstmal Verständnis: Angesichts solcher Pracht sei es sicher schwer vorstellbar, den ganzen Strom demnächst aus erneuerbaren Energiequellen zu beziehen. Und doch sei es möglich.

Außerdem macht es Spaß, und die Gesellschaft wird etwas demokratischer davon.

Das sind die drei Säulen, auf denen Fechner seine bunten Bilder und Interviews aus aller Welt aufbaut: Dass es technisch möglich und finanzierbar sei, in wenigen Jahrzehnten völlig auf fossile Energie aus Gas, Kernenergie, Kohle und Öl zu verzichten. Dass man mit ökologisch gutem Gewissen schnittige E-Sportwagen fahren und schicke solaraktive Häuser aus Holz bewohnen könne. Und dass eine dezentrale Energieversorgung, wie sie die "erneuerbaren" Verfahren nahelegen, aus Verbrauchern Produzenten, aus Kunden Eigentümer mache und aus passiven Strombeziehern wieder aktiv Handelnde.

Dieser gemischte Ton aus Grasswurzel statt Großkonzern und Moderne statt Melancholie unterscheidet Die 4. Revolution vom üblichen Naturschutz-Einerlei. Fechners Visonäre tun was. In Dänemark puffert einer überschüssigen Wind-Strom in warmem Wasser, das die Häuser der Umgebung heizt. In Rheinland-Pfalz baute ein Solar-Unternehmer das energieeffizienteste Bürohaus der Welt. In Kalifornien entsteht das schnellste Elektroauto der Welt (Arnold Schwarzenegger hat eins gekauft) und sein Erfinder arbeitet schon an Elektro-Flugzeugen. In Neuseeland wurde eine Batterie entwickelt, die sich mit geladener Flüssigkeit betanken lässt und deshalb gut ins bestehende Tankstellennetz passt. In Bangladesch werden Frauen zu Energiewirten ausgebildet und bringen Gästen aus Afrika bei, wie man robuste Mini-Solarkraftwerke in entlegenen Dörfern installiert. So kommt Licht in die kleinste Hütte, ganz ohne Vermittlung irgendwelcher Großkonzerne.

Neben die Reportage-Schnipsel aus aller Welt, denen man Carl-A. Fechners Vergangenheit als TV-Dokumentarist ansieht, treten zuweilen etwas schwelgerische Passagen. Minutenlang glitzert die Sonne triumphierend in den Spiegeln eines spanischen Solarkraftwerks (äso könnte man auch Los Angeles versorgen, da ist genug Wüste drumrum"). Aber auch menetekelnd ragen stillstehende Windräder in Kalifornien, und Hermann Scheer erklärt: Das seien die Reste eines Traums der 70er, technisch nicht ausgereift und behindert von der Ölindustrie. Würden nur die bestehenden Ruinen gegen moderne Anlagen ausgetauscht, könnte man fünf AKWs schließen.

Hermann Scheer ist überhaupt die Zentralfigur des Films. Er verbindet einige sonst disparate Elemente, er widerspricht einem immer wieder als Skeptiker eingespielten EU-Bürokraten, er steht mit Laptop und im Lichtermeer als neuer Öko da, der die Energierevolution auch als Chance für ökonomische und soziale Gerechtigkeit jenseits des Bioladens sieht.

Nach dem deutschen Kinoeinsatz will Carl-A. Fechner sein Material zu einer mehrteiligen TV-Doku umschneiden und eine didaktisch aufbereitete DVD produzieren. Damit "Energy Autonomy" eine Bewegung wird.

Wing

D 2009 R: Carl-A. Fechner B: Carl-A. Fechner, Irja Martens K: Sorin Dragol D: Hermann Scheer, Bianca Jagger, Preben Maegaard, Elon Musk