DIE ELEGANZ DER MADAME MICHEL Drei Welten Begegnungen in einem Wohnhaus Muriel Barbery setzte in ihrem Roman Die Eleganz des Igels, der in Frankreich 1,5 Millionen Mal verkauft wurde und es auch in Deutschland in die Bestsellerlisten schaffte, dem Berufstand der Hauswartsfrau ein literarisches Denkmal, und die französische Regisseurin Mona Achache hat den Stoff nun für die Leinwand adaptiert. Schon seit einem Vierteljahrhundert verrichtet Renée Michel (Josiane Balasko) ihren Dienst in einem gutbürgerlichen Pariser Wohnhaus. Die meisten Bewohner beachten die unwirsche Hausmeisterin kaum. Aber dann interessieren sich plötzlich gleich zwei Menschen für die einsame Dame, die sich in ihrer Loge vergräbt und dabei eine Menge Romane und Kekse verzehrt. Die 11jährige Paloma (Garance Le Guillermic), aus deren Perspektive die Geschichte erzählt wird, hält nichts von der verlogenen Welt der Erwachsenen und hat beschlossen, sich an ihrem zwölften Geburtstag das Leben zu nehmen, bevor sie selbst so wird wie ihre strebsame Schwester, die neurotische Mutter oder der karrieresüchtige Minister-Vater. Mit einer Video-Kamera läuft das Mädchen herum, um die die Eskapaden der verachteten Spezies festzuhalten, und entdeckt dabei die Loge der Concierge, deren geheimnisvolles Leben sie neugierig erkundet. Die zweite Person, die die verborgenen Qualitäten der Madame Michel entdeckt, ist der neue Nachbar Kakuro Ozu (Togo Igawa). Der Japaner teilt mit der Concierge das Interesse für russische Literatur und lockt die eigenwillige Dame mit ausdauernden Werbeversuchen langsam aus der Reserve. Mona Achache hat den Roman recht frei adaptiert, klebt nicht an jeder Buchseite, sondern findet einen eigenen Zugang zum Stoff. Liebevoll werden die drei Welten, die sich in dem Pariser Wohnhaus verbergen, in Szene gesetzt: das neurotische Großbürgermilieu der Minister-Familie, das asketisch eingerichtete Apartment des japanischen Nachbarn und die höhlenartige Loge der Concierge. Das Ganze ist - genau wie im Roman - nicht ganz frei von Klischees, leidet manchmal an der Enge des filmischen Ausschnitts und der eher überschaubaren Handlung. Aber durch die differenzierte Darstellung von Josiane Balasko und vor allem durch die Erzählperspektive und Entdeckerfreude des eigensinnigen Mädchens bekommt der Film einen leicht surrealen, interessanten Drive. Martin Schwickert Le Hérisson F 2009 R&B: Mona Achache K: Patrick Blossier D: Josiane Balasko, Garance Le Guillermic, Togo Igaw
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