EAT PRAY LOVE

Sinnsuche für Mittelständler

Julia Roberts spielt einen Ratgeber-Bestseller nach

Aus dem Meer der Ratgeberliteratur ragte Elisbeth Gilberts Selbsterfahrungsbericht Eat Pray Love heraus, weil er nicht den kürzesten Weg in den sicheren Hafen der Paarbeziehung suchte, sondern die Midlife-Crisis einer Großstadtamerikanerin mit einer Weltreise, gutem Essen und einer moderaten Portion Einsamkeit therapierte. Über sieben Millionen Mal verkaufte sich das Buch und ein paar Millionen werden noch hinzukommen, wenn sich nun Julia Roberts im Kino auf Gilberts Selbstfindungskurs begibt.

Ihre Liz ist eine erfolgreiche New Yorker Journalistin, die aus ihren ermatteten Ehestrukturen ausbricht, sich nach einer hässlichen Scheidung mit einem jungen Schauspieler (James Franco) tröstet und feststellt, dass Liebesbeziehungen die Leere in ihrem Leben nicht füllen können.

Also packt sie ihre Sachen und bricht auf. Zunächst nach Rom, wo sie die Kunst des "dolce far niente" und nach all den Salat-Diäten die Lust an Pasta, Pizza und Vino Rosso entdeckt. Sogar einen kleinen Bauch, dessen Existenz zwar behauptet, aber nicht sichtbar gemacht wird, frisst sich die Selbsterfahrungsheldin an und schlägt tapfer alle Avancen lebenslustiger Italiener aus.

Danach geht es nach Indien in einen Ashram. Mit dem Meditieren will es zwar nicht so recht klappen, aber ein langjähriger Sinnsucher aus Texas (Richard Jenkins) lehrt die verkorkste Großstädterin die Kunst des Loslassens und der Vergebung.

Was genau Liz sich selbst und anderen vergeben soll, ist allerdings nur schemenhaft zu erkennen. Gut ausbalanciert kommt die Reisende schließlich nach Bali, wo malerische Strände, ein zahnloser Wahrsager und Javier Bardem als möglicher Mann fürs Leben warten.

Selbstfindung ist sicherlich eine feine Sache, anderen dabei zuzusehen jedoch nicht immer eine unterhaltsame Angelegenheit. Was in der Buchvorlage dank flüssiger Sprache und selbstironischen Auflockerungen funktionieren mag, wird auf der Leinwand zu einer äußerst zähflüssigen Angelegenheit. Die innere Leere, die das Herausklinken aus dem urbanen Dasein als erfolgreiche Journalistin führt, bleibt bloße Behauptung. Die Scheidung vom farblosen Ehemann, aus der sich die Gewissensbisse und das spätere Selbstvergebungsbedürfnis im Ashram ergeben, wirkt eher harmlos. Einzig der markante Auftritt Richard Jenkins' als schuldzerfressener Sinnsucher zeigt, dass es auch weniger komfortable Varianten der Selbstfindung gibt, die einen weitaus interessanteren Filmstoff abgeben würden.

In Eat Pray Love ist die Sinnsuche ein sehr bequemer Luxustrip, bei dem sich die wohlhabende Mittelstandsamerikanerin wie im Kaufhaus auf dem Weltmarkt der Seelenheilung bedient. Obwohl Regisseur Ryan Murphy seine übersichtliche Stationendramaturgie auf geradezu narkotisierende 140 Filmminuten streckt, bleiben die Lebensweisheiten, die zwischen den Aufnahmen aus dem sonnendurchfluteten Rom und den malerischen Landschaften Balis aufgetischt werden, auf dem Niveau von Postkartensprüchen, wie man sie im Esoterikladen um die Ecke dutzendweise erwerben kann.

Martin Schwickert

Eat Pray Love USA 2010 R: Ryan Murphy B: Ryan Murphy, Jennifer Salt K: Robert Richardson D: Julia Roberts, Richard Jenkins, Javier Bardem