DRECKSKERLE Üble Familienbande Claire Denis ruiniert den Abend mit einem Kunst-Thriller Es ist das Beste, was einem passieren kann. Und das Schlimmste. Die Familie. Soviel immerhin kann man sich nach den ersten Minuten zusammenreimen, obwohl die Bilder nur einsame Menschen in der Nacht zeigen und verlorene Keyboardklänge gleich vom Dach springen wollen. Tatsächlich hat sich ein Ehemann umgebracht und seine Frau ruft ihren Bruder zu Hilfe, der lange auf See war. Irgendwie scheint ein mysteriöser, zwielichtiger Geschäftsmann mit dem Selbstmord zu tun zu haben. Alles andere erschließt sich erst langsam, nach unklaren Vor- und Zurückblenden und kurzen, rätselhaften Dialogpassagen, die immer tieferer Geheimnisse andeuten. Die Nichte des Seemanns wurde nach einer schweren Vergewaltigung in die Klinik eingeliefert, der Seemann selbst macht sich an die Geliebte des verdächtigen Industriellen heran und scheint einen perfiden Racheplan zu verfolgen. Claire Denis aber lässt den Zuschauer immer wieder über verstörende Einzelmomente stolpern, einen Gesichtsausdruck, einen Gewaltausbruch, einen Dialogfetzen. Irgend etwas Schlimmes lauert im Hintergrund, während sich zwischen dem schweigsamen Seemann und der mondänen Geliebten eine schattenhafte Romanze entwickelt. Als einzige Sicherheit bleibt das Gefühl der Orientierungslosigkeit zurück, eine sowohl suchende als auch ziellose Bewegung von Autos und Zügen und Menschen, die alle ihre uneindeutigen Familien-Szenen haben, aber keinen Halt. Verloren taumeln die Figuren mit dem Publikum durch die Nacht und haben nur die Gewissheit: Es wird alles noch viel schlimmer, wenn das Licht angeht, das Rätsel gelöst wird. So kommt es denn auch. Wing Les Salaudes. F 2013. R: Claire Denis B: Claire Denis, Jean-Pol Fargeau K: Agnès Godard D: Vincent Lindon, Chiara Mastroianni, Julie Bataille, Lola Créton. 83 Min.
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