DRACULA 2000

Die Rache Gottes

Nachtsauger goes MTV

Ebenso wie die zähen Blutsauger ist auch der Vampirfilm nicht tot zu kriegen. Dracula 2000 nennt sich der neueste Ausflug ins Reich der Untoten. Das klingt ein wenig nach einem Software-Update oder einem Schnäppchenmarkt für Grufties. Regisseur Patrick Lussier hat sich bisher als Schnittmeister von Kassenschlagern wie Scream 1-3 , H20 und Mimic in der Horrorbranche einen Namen gemacht. Mit Dracula 2000 versucht er den spinnwebigen Schauer der Vampirklassiker mit den Kreisch-Ansprüchen des Teeniehorrorfilms zu kreuzen und transportiert die Bram-Stoker-Legende vom nebligen London ins schwüle New Orleans.
Eine Profigang aus den Staaten bricht bei dem britischen Antiquitätenhändler Van Helsing (Christpher Plummer) ein. Dessen Vorfahren waren versierte Vampirjäger und bewahren im Keller Draculas unsterbliche Überreste als Familiensouvenier auf. Statt der erhofften Juwelen erbeuten die hirnlosen Diebe aus den Hochsicherheitskatakomben nur einen silbernen Sarg. Schon auf dem Rückflug in die USA übermannt der wiederauferstandene Vampir die Gangster und rekrutiert sie für die Armee der Untoten. Eigentlich hat es der Obersauger jedoch auf Van Helsings Tochter abgesehen. Die heißt Mary, arbeitet in einem "Virgin"-Store in New Orleans. Van Helsing räumt den Waffenschrank aus und folgt mit seinem Assistenten der blutigen Spur des Grafen. Der bohrt seine Zähne bevorzugt in die Hälse williger High-School-Absolventinnen. Wenn Dracula mit wehendem Rock den Plattenladen betritt (für den dieser Film in schamloser Weise Schleichwerbung betreibt) ist die Damenwelt komplett magnetisiert. Männerphantasien und Productplacement verschwimmen zu einem billigen Vampir-Musik-Clip. Gerard Butler spielt Dracula als farblosen Pop-Star und beißt sich ohne schauspielerische Eigeninitiative durch das dünne Drehbuch von Joel Soisson. Hongkong-Kameramann Peter Pau, der für Tiger & Dragon den Oscar erhalten hat, setzt das Spektakel routiniert ins Bild. Dracula 2000 , für den Wes Craven die Schirmherrschaft übernommen hat, ist eine Montage von Genreversatzstücken ohne eigenes Stilvermögen. Am Schluss, wenn der Film zu kruden Bibelforschungen ausholt und die Dracula-Saga mit dem christlichen Golgatha-Trauma verbindet, kommen wenigstens die Trashliebhaber auf ihre Kosten. Da stürzen monströse Neonlichtkreuze funkenschlagend in sich zusammen und in Rückblenden fährt die Rache Gottes tatsächlich als Blitz vom Himmel.

Martin Schwickert

USA 2000 R: Patrick Lussier B: Joel Soisson K: Peter Pau D: Gerard Butler, Christpher Plummer, Jonny Lee Miller