jDIE DOLMETSCHERIN
Leicht wirr Ein UN-Thriller mit herzigem AusgangUN-Dolmetscherin Silvia Broome (Nicole Kidman) will nach Dienstschluss eigentlich nur noch schnell ihre Privatsachen aus der Übersetzerkabine holen, als sie plötzlich ein geheimnisvolles Flüstern durch ihren Kopfhörer vernimmt. Zwei Männer unterhalten sich in einem seltenen afrikanischen Dialekt, den die in Afrika geborene Silvia problemlos versteht - man plant offensichtlich ein Attentat auf Edmund Zuwanie, einen afrikanischen Regierungschef, der in wenigen Tagen eine Rede im UN-Gebäude halten soll. Silvia wendet sich an die US-Behörden, die für ihren Schutz sofort den Sicherheitsagenten Tobin Keller (Sean Penn) beauftragen, denn ihr Wissen scheint den Attentätern nicht verborgen geblieben zu sein. Aber auch Silvia selbst gerät unter Beschuss; bei der Ermittlung stößt Keller auf interessante Entdeckungen, die mit Silvias afrikanischer Vergangenheit und einer ehemaligen Verbindung zu jetzigen Zuwanie-Gegnern zu tun haben. Ist sie nur Opfer oder womöglich selbst in die Verschwörung verstrickt? Aber wieso sollte sie dann die Planung des Attentats an die Öffentlichkeit gebracht haben?
Sydney Pollack (Tootsie, Die drei Tage des Condor), der hier auch in einer kleinen Nebenrolle zu sehen ist, hat für seinen zwanzigsten Film als erster Regisseur überhaupt die Erlaubnis bekommen, im New Yorker Gebäude der Vereinten Nationen zu drehen. Dabei spielt sich die Handlung zum größten Teil in irgendwelchen Straßen, Büros oder den Wohnungen der beiden Hauptprotagonisten ab. Bis zum Finale (welches dann tatsächlich im UN-Saal stattfindet) vollzieht der Film etliche überraschende Wendungen, wodurch trotz der Überlänge selten Langeweile aufkommt. Die Geschichte, die, wie sich herausstellt, nicht nur Thriller, sondern auch Familiendrama ist, ist mit ruhiger Hand inszeniert, auch die Wahl der Darsteller war eine gute (Nicole Kidman und Sean Penn glänzen und es gibt eine passende Nebenrolle für die coole Catherine Keener).
Alles perfekt also, sollte man meinen. Leider sind mit den zahlreichen Handlungs-Tricks auch diverse Ungereimtheiten im Drehbuch entstanden, die nicht aufgelöst werden. Und das, obwohl man mit einem Team von drei Autoren scheinbar darauf bedacht war, nichts falsch zu machen.
Gegen Ende wird dann unnötig auf Tränen- und Schmalzdrüse gedrückt, was zwar objektiv noch knapp erträglich ist, aber so gar nicht zum Rest des Films passt. Da aber sonst alles ganz annehmbar ist, ist man eher ernüchtert als maßlos enttäuscht. Die Dolmetscherin ist ein typischer Film, der für den Oscar nominiert wird, aber keinen gewinnt.
Michaela Sommer
The Interpreter. USA 2005. R: Sydney Pollack. B: Charles Randolph, Scott Frank, Steven Zaillian. K: Darius Khondji. D: Nicole Kidman, Sean Penn, Catherine Keener, Jesper Christensen
|