DISTURBIA

Hitchcock mit Hackebeilchen

Die Neufassung von »Rear Window« macht ziemlich viel falsch

Nach dem plötzlichen Unfalltod seines Vaters fällt Kale (Shia LaBeouf) durch sein aggressives Verhalten in der Schule auf. Nachdem er seinen Spanischlehrer verprügelt hat, wird er zu drei Monaten Hausarrest verurteilt.
Wenn er sich mehr als zehn Meter von seinem Haus entfernt, alarmiert der elektronische Sender an seinem Fußgelenk die örtliche Polizeistation.
Nachdem die Mutter (Carrie-Anne Moss) Kabelfernsehen und Spielkonsole gekappt hat, beginnt der Delinquent durch die zahlreichen Fenster des Eigenheimes die Nachbarn zu beobachten. "Das ist wie Reality-TV, bloß ohne TV", sagt er zu seinem Kumpel Ronnie (Aaron Yoo), mit dem er seinen Beobachtungsposten durch Videoequipment aufrüstet.
Zunächst begaffen sie nur die schöne Nachbarstochter bei Yoga und Sonnenbad. Aber als Ashley (Sarah Roemer) selbst offensiv ins Lager der Voyeure überwechselt, wird der Nachbar (David Morse) als potenzieller Serienmörder ins Visier genommen. Während Kale weiterhin ans Haus gefesselt ist, begeben sich seine Komplizen bei der Ausspionierung des Verdächtigen immer wieder in Gefahr, was über die Handycam direkt auf den heimischen PC übertragen wird.
Trotz seiner handwerklich perfekten Spannungsführung leidet Disturbia darunter, dass man zu keiner Sekunde daran zweifelt, dass der Nachbar wirklich der Mörder ist. In Hitchcocks Vorlage Das Fenster zum Hof entsteht die Spannung dadurch, dass das Publikum lange im Unklaren gehalten wird, ob es sich hier nicht doch nur um paranoide Vorstellung eines gelangweilten Invaliden handelt.
Ein wenig mehr psychologische Verfeinerung hätte dem Plot ganz gut getan. Am Schluss stürzt sich Caruso dann auch noch in ein heillos überinszeniertes Slasher-Finale mit Hackebeil und vergammelten Leichen, das den vielversprechenden Thriller endgültig im banalbrutalen Horrorsumpf versinken lässt.

Martin Schwickert

USA 2007 R: D. J. Caruso B: Christopher Landon, Carl Ellsworth K: Rogier Stoffers D: Shia LaBeouf, David Morse, Sarah Roemer, Carrie-Anne Moss