DIE REGELN DER GEWALT

Falsche Freunde

Ein gelungener Thriller: Das Regiedebut des Dreh- buchautors Scott Frank

Das Licht des Wagens ist ausgeschaltet. Chris (Joseph Gordon-Levitt) und seine Freunde rasen im offenen Cabriolet über die nächtliche Landstraße. Die Luft ist voller Glühwürmchen. Es sieht aus, als wäre der Sternenhimmel zum Greifen nah. Zu spät werden die Scheinwerfer wieder eingeschaltet. Aus dem Dunkeln taucht ein Mähdrescher auf. Der Aufprall ist unvermeidlich.
Zwei Jahre später fährt Chris immer wieder zur Unfallstelle und versucht sich an sein Leben davor zu erinnern. "Ich bin aufgewacht und war ein Anderer" sagt er. Seit dem Unfall funktioniert sein Gehirn nur noch eingeschränkt. In der Wohnung sind alle Schubladen und Regale beschriftet. Überall hängen Zettel, die ihn daran erinnern, den Herd abzudrehen, die Wohnungstür zu schließen, den Schlüssel mitzunehmen.
Als Putzmann arbeitet Chris nachts in einer Kleinstadtbank und träumt davon zum Wechselgeldkassierer aufzusteigen. Eines Tages in einer Bar trifft er auf Gary (Matthew Goode), der vorgibt, ihn aus der Schulzeit zu kennen. Die Freundschaft zu ihm stärkt sichtlich das Selbstbewusstsein des unfreiwilligen Einzelgängers. Genauso wie sein plötzlicher Erfolg bei der schönen Luvlee (Isla Fisher). Erst langsam beginnt Chris zu verstehen, dass seine neuen Freunde ihn benutzen wollen, um die Bank, in der er arbeitet, zu überfallen.
Die Regeln der Gewalt, wie die beknackte Verleihübersetzung des Originalttitels The Lookout lautet, ist das Regiedebüt des Drehbuchautors Scott Frank (Get Shorty / Out of Sight) und ein kluger, schnörkelloser Thriller, der seine Spannungskurve in narrativer Gelassenheit aufbaut.
Der Kern der Geschichte bleibt die genaue Charakterzeichnung des beschädigten Helden, der durch sein lädiertes Selbstbewusstsein zum Verführten wird.
Joseph Gordon-Levitt spielt die Figur ohne DiCaprio-Allüren. Als charismatischer Mephisto glänzt ihm gegenüber Matthew Goode (Match Point). Nur Isla Fisher wirkt als Femme Fatale etwas deplaziert, weil sie zu wenig Raum hat, gegen ihr Rollenklischee anzuspielen - ein eher kleiner Makel an einem ansonsten sauber gearbeiteten Genreschmuckstück.

Martin Schwickert

The Lookout. USA 2007 R&B: Scott Frank K: Alar Kivilo D: Joseph Gordon-Levitt, Jeff Daniels, Matthew Goode