DIE BAND VON NEBENAN Freundliche Feinde Eine ägyptische Kapelle steckt in Israel fest Als der Kleinbus losfährt, gibt er den Blick frei auf acht himmelblaue Gestalten, die wie an einer Perlenschnur aufgereiht vor irgendeinem Flughafen in Israel warten. Bestellt und nicht abgeholt stehen die Musiker des Polizeiorchester Alexandria da in ihren schmucken Ausgehuniformen. Ein absurdes Bild, für das sich der israelische Regisseur Eran Kolirin viel Zeit nimmt. Gleich zu Beginn macht er klar, dass dies ein Film ist, der sich die Ruhe für Bildkompositionen erlaubt, der seinen eigenen Sinn für das Groteske pflegt und genau hinschaut in die Gesichter seiner Figuren, die auch ohne große Worte ihre Geschichten erzählen können. Zum Beispiel Tewfiq (Sasson Gabai), der Leiter des Orchesters: Wie viel Würde, Strenge, Enttäuschung und Sanftmut in diesem zerfurchten Gesicht liegt. Er fühlt sich nicht nur als Orchesterchef, sondern auch als Repräsentant des eigenen Landes, das mit Israel seit Jahrzehnten in befriedeter Feindschaft lebt. Eigentlich sollen die Musiker in einem arabischen Kulturzentrum von Petah Tikva spielen. Aber da die Ägypter des Hebräischen nicht mächtig sind, steigen sie in den falschen Bus und landen in Bet Hatikva, einem trostlosen Betonstädtchen mitten in der Wüste. "Hier gibt es kein arabisches Zentrum. Keine Kultur, keine israelische Kultur, keine arabische, gar keine Kultur. Scheißgegend." lautet der Satz, mit dem die Wirtin mit rauchiger Stimme die Fremden begrüßt. Dina (Ronit Elkabetz) wirkt mit ihrem ironisch-lasziven Auftreten wie ein Vamp in der staubigen Provinz und ist ebenso belustigt wie fasziniert von den uniformierten Außerirdischen aus dem Nachbarland. Der nächste Bus fährt erst am anderen Tag und die Einheimischen rücken zusammen, um den Musikern Quartier zu bieten. Und so kommt es in dieser warmen Sommernacht zu einem israelisch-ägyptischen Zusammentreffen, das Regisseur Eran Kolirin mit zärtlicher Ironie und einem wunderbar unaufdringlichen Erzählton in Szene setzt. Die Bilder vom Sechs-Tage-Krieg, die im Restaurant an der Wand hängen, werden mit der Uniformmütze überdeckt, und auf beiden Seiten bemüht man sich bei der Suche nach Gemeinsamkeiten. Da sind etwa die Erinnerung an die ägyptischen Musicals aus der Kindheit oder die binationale Problemlösung bei der partnerschaftlichen Annäherung in einer Rollschuhdisko. Dass man nicht die gleiche Sprache spricht, erschwert und vereinfacht die Sache gleichermaßen. Mit seiner wortkargen Dialogführung, den präzise komponierten Bildern und dem zärtlichen Blick auf die Figuren erweist sich Kolorin in seinem Kinodebüt als ein vielversprechender Filmemacher, der die minimalistische Erzähltradition des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki erfolgreich ins israelische Kino adaptiert. Martin Schwickert Bikur Ha-Tizmoret Israel/Frankreich/USA 2007 R&B: Eran Kolirin K: Shai Goldman D: Sasson Gabai, Ronit Elkabetz, Saleh Bakri
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