DICH KRIEGEN WIR AUCH NOCH


Die Elite-Verschwörung

Der echte Horror an der Schule: Anpasungszwang

In einer Zeit, in der amerikanische High-Schools von Drogenkriminalität und amoklaufenden Nazi-Grufties heimgesucht werden, zeigt David Nutters High-School-Horror-Film einen ganz anderen Schulterror: den Terror der Anpassung. Als Gavin (Nick Stahl) dem Neuling Steve (James Marsden) in der Cafeteria die Cliquenstruktur der Schule erklärt, ist das zunächst die übliche Mischung aus rußverschmierten "Motorheads", hip-hop-hörigen Skatern und bleichgesichtigen Computer-Freaks. Nur die Gruppe der "Blue Ribbons" paßt nicht ins gewohnte Bild. Ihre Leistungen im Unterricht sind vorbildlich. In der Freizeit engagieren sie sich für wohltätige Zwecke und geben einander in "selbstmotivierten Arbeitsgruppen" Nachhilfestunden. Statt sich mit Drogen vollzupumpen, treiben sie Sport und schlürfen gemeinsam Milchshakes im örtlichen Yoghurt-Shop. Gegenüber ihren Mitschülern bilden sie eine verschworene, elitäre Gemeinschaft. Hinter dieser schlagkräftige Streberclique, die immer mehr neue Mitglieder rekrutiert, steht der Schulpsychologe Dr.Caldicott (Bruce Greenwoods). Gemäß den elterlichen Wunschvorstellungen programmiert er die rebellierenden Jugendlichen mit moderner Laser- und Chip-Technologie zu willigen Musterschülern um. Die Befriedung der Pubertierenden gelingt jedoch nicht vollständig, denn sobald die Behandelten sexuell stimuliert werden, verwandeln sie sich in wütende Kampfmaschinen. Als die "Blue Ribbons" den neuen Mitschüler Steve anwerben wollen, reagiert dieser zunächst mit Skepsis. Ohnehin interessiert sich Steve weniger für die adretten Elite-Teenager, als für die lässig-coole Schulschlampe Rachel (Katie Holmes). Gemeinsam kommen die beiden Außenseiter der Verschwörung auf die Spur. Heimliche Ermittlungen in dunklen Schulkatakomben und mittelalterlichen Nervenheilanstalten nehmen ihren Verlauf. Finale Heldentaten stehen bevor.
Auch wenn sich Regisseur David Nutter der genreüblichen Strickmuster bedient, unterscheidet sich sein Kinodebüt doch wohltuend von der Horror-Fließbandware der letzten Monate (Düstere Legenden, Ich weiß noch immer ... etc.). Das Böse agiert hier als Auswuchs des eliteorientierten Bildungssystems. Der Horror entsteht aus dem schulischen Alltag und der Sehnsucht der Eltern nach einer heilen Welt ohne Generationskonflikte. Seine antiautoritäre Botschaft verpackt der Film in eine konventionelle, durchaus spannende Geschichte, die allerdings nicht immer den Gesetzen der Logik folgen mag. Dich kriegen wir auch noch ist sicherlich kein Meisterwerk gehobener Horrorkunst - eher ein solides Billigprodukt, das auf teure Stars und kostspielige Effekte ebenso verzichtet, wie auf übertriebene Blutorgien.

Martin Schwickert