DAVID WANTS TO FLY Guru gaga Eine witzige Dokumentation über die Erfahrung, dass Erleuchtung meistens was kostet Der Filmemacher David Sieveking kommt aus einer atheistischen Familie. "In die Kirche gingen wir, um gute Musik zu hören, nicht zur Taufe." Trotzdem behauptet er, sei sein Interesse an Meditation und Spiritualität ernsthaft, vor allem, als er der Regie-Legende David Lynch begegnete und Lynch ihm prophezeite, die "Transzendentale Mediation" (TM) werde ihn erleuchten, und der Weg bis ans Ziel werde fünf Jahre dauern. Knapp fünf Jahre hat Sieveking an diesem Film gearbeitet, das Ergebnis hat zu einem völligen Zerwürfnis mit Lynch und seiner TM-Truppe geführt. Denn Sieveking ist ein Schlitzohr. Obwohl er, sich selbst und seinen Weg mit der Kamera beobachtend, durchaus ernsthafte Absichten vorgibt, sitzt ihm der Schalk von Anfang an im Nacken. Das beginnt mit der ersten Szene, in der er sich und seine Freundin beim morgendlichen Wachwerden filmt ("Schläfst du noch?" - "Was ist das denn für eine bescheuerte Frage? Wie kann man jemanden fragen, ob er schläft?!"), und kulminiert in der allerletzen Einstellung, wenn er mit seiner Freundin das Lied von der Unzulänglichkeit des Menschen singt (und dabei eine Strophe klugerweise auslässt). Zunächst ganz brav beschreibt Sieveking seine Annäherung an jene Bet-Truppe, die durch die Beatles und vor allem die "yogischen Flieger" bekannt wurde (der Pardon-Chefredakteur ist seinerzeit darüber wahnsinnig geworden). Chef der Truppe ist der zauselige Guru Maharishi, der im Indien einst als eine Art Buchhalter im Ashram diente und, so ein anderer Guru, eigentlich von nichts eine Ahnung hat, schon gar nicht von Weisheit, und der Enthaltsamkeit predigt und junge Frauen vögelt, der Geld sammelt für den Weltfrieden und damit zu einem der reichsten Männer Indiens wird. Im Laufe der Dreharbeiten stirbt Maharishi und Sieveking kommt mit immer mehr Aussteigern in Kontakt. Weil sein Film immer kritischer wird, ist auch David Lynch, einer der TM-Aktivisten, für Sieveking nicht mehr zu sprechen, es kommt zum Zerwürfnis. Man darf annehmen, dass Sieveking nie die Absicht hatte, den Laden ernst zu nehmen. Zu albern präsentiert er anfangs seine naive Begeisterung, zu naiv entdeckt er mit den Kulleraugen des enttäuschten Gläubigen, dass hinter allem Weltfrieden-Getue nur der Wunsch nach Geld steht. Ach was! Im Stile von Nanni Moretti (in Caro Diario etwa) inszeniert Sieveking sich selbst, als sei er mit dem Publikum allein. Dass diese Haltung keine dokumentarische ist und doch etwas über die Wahrheit erzählt - keine Frage. Auch nicht, dass David Wants To Fly eine saukomische Decouvrierung ist. Sieveking spielt nur den bewegten und enttäuschten Jungfilmer. Eigentlich ist er ein abgezockter Hund und damit ein würdiger Gegner der bekloppten Gesundbeter um Maharishi Mahesh Yogi. Im Verlauf des Films legt David Lynch einen Grundstein in Berlin für ein Bet-Center, das Deutschland "unverwundbar" machen soll. Er hätte besser einen für die eigene Truppe vergraben. Thomas Friedrich D 2010 R & B: David Sieveking K: Adrian Stähli D: Judith Bourque, David Lynch, Paul McCartney, Ringo Starr, Raja Emanuel
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