Dame, König As, Spion Smileys Leute Der Kalte Krieg als böse Nostalgie-Schau Was wir über Geheimdienste wissen, wissen wir von John le Carré. Der Ex-Spion und erfolgreiche Autor hat mit seinen "Smiley"-Romanen Einblicke in die Welt des britischen Inlandsgeheimdienstes geliefert, die dem teilweise sehr peinlich gewesen sein dürften. Zu nah waren le Carrés Romane an der Wirklichkeit angelehnt, als dass man sie als James Bond-Phantasie hätte abtun können. Dass der britische Inlandsgeheimdienst jahrlange darunter litt, von sowjetischen Maulwürfen durchsetzt zu sein, schuf die Grundlage für le Carrés Smiley Romane, die alle von der Suche nach den Verräter handeln und den russischen Gegenspieler "Karla" als gleichwertigen und durchtriebenen Partner im Spiel der Verwirrungen beschreiben. Mit George Smiley hat le Carré dabei den wackeren Kalten Kriegern ein sympathisches Denkmal gesetzt. Smiley ist kein Fanatiker, nur etwas verbohrt wenn es um westliche Werte geht. Er leidet darunter, was er alles tun muss, um zu verhindern, dass andere das gleiche tun. Er ist ein unauffälliger Mann im grauen Anzug, leicht zu übersehen, mit scharfem Verstand und einer Neigung zur Humorlosigkeit. Die Ehe mit der großbürgerlichen Ann gibt ihm Halt und einen unerwarteten Zugang zu Bohème und Verruchtheit; das Scheitern der Ehe mit Ann ist Smileys größte Niederlage. Alec Guinness hat diesen Smiley in einer legendären BBC-Verfilmung leicht blasiert dargestellt. In der aktuellen Kinoversion ist Gary Oldman dieser Figur in Outfit und Auftritt sehr viel näher. Sein George Smiley droht sogar im Film übersehen zu werden; neben Schauspielern wie John Hurt (als Control) oder Colin Firth (als Bill Haydon) macht sich Oldman ganz klein. Sein Smiley ist ein scharfer, meist schweigsamer Beobachter, der nur einmal redselig und leicht sentimental wird. Da erinnert er sich, dass er einmal "Karla" gegenüber saß und nicht wusste, wen er vor sich hatte. Tomas Alfredson hat den le Carré-Roman Tinker, Taylor, Soldier, Spy vor allem als Zeitschau inszeniert. Ähnlich wie in Mad Men spielt hier das schäbige graue Interieur der 70er die Hauptrolle. In großer Langsamkeit werden Akten auf Holzkarren durch die Flure des Geheimdienstes gefahren, folgt die Kamera langen Gängen voller funktional hässlicher Schreibtische. Dabei wird die Geschichte beinahe im Hintergrund erzählt. Wer nicht genau aufpasst, ist bei dieser die Zeiten- und Erzählebenen wechselnden Erzählweise schnell außen vor. Wer hat wann welches Telegramm entgegengenommen? Was hat Control gesagt, als er seinen Spion nach Ungarn schickte? Woher wusste Connie Sachs, dass der russische Kulturattaché ein hochrangiger Spion war? Diese Schlüsselmomente der Erkenntnis streift der Film beinahe nur, während er den Gesten und Blicken seiner hervorragenden Schauspieler-Riege alle Zeit gibt. Neben Firth und Hurt sind Mark Strong, Toby Jones, Kathy Burke und Benedict Cumberbatch Bestandteil eines hochkonzentriert agierenden Ensembles. Alfredsons dem Roman keineswegs sklavisch folgende Version (an der le Carré als Executive Producer beteiligt war), präsentiert den Kalten Krieg als museale Schreckensgeschichte. Erwachsene Männer jagen sich gegenseitig Geheimnisse ab, von denen man nie wissen kann, ob sie überhaupt noch Geheimnisse darstellen oder ob die Gegenseite sie nicht fabriziert hat, damit wir glauben, wir wüssten... Diesen sanften Irrsinn hat le Carré stets mit melancholischer Ironie beschrieben, fest davon überzeugt, dass genau diese Doppelbödigkeit damals den Weltfrieden bewahrt hat. Der Film hat dazu offenkundig keine Meinung. Er beobachtet Menschen wie sie einander verraten, bedrohen und ermorden. Und dass ein offener Schnürsenkel manchmal einen Verräter entlarven kann. Thomas Friedrich Tinker, Taylor, Soldier, Spy GB / F / D 2011 R: Tomas Alfredson B: Bridget O´Conner, Peter Straughan K: Hoyte Van Hoytema D: Gary Oldman, John Hurt, Colin Firth, Mark Strong, Benedict Cumberbatch
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