DIE ENTDECKUNG DER CURRYWURST

Good Bye, Adolf

Ein Soldat verpasst den Untergang des Nazi-Reiches.

Hamburg 1945. Das tausendjährige Reich liegt in den letzten Zügen. Die Mittvierzigerin Lena Brückner (Barbara Sukowa) lebt allein in der zerbombten Stadt und arbeitet als Wirtschafterin in einer Kantine. Der Mann ist irgendwo an der Ostfront verschwunden, der Sohn als Flakhelfer im Ruhrgebiet.

In der Schlange vor dem Kino lernt sie den jungen Marinesoldaten Hermann (Alexander Khuon) kennen. Aber schon nach der Wochenschau geht es ab in den Luftschutzkeller und danach nach Hause in Lenas Dachgeschosswohnung. Die falsche Krebssuppe wärmt die Seele des Matrosen, der am anderen Morgen zum "Endkampf" an die Front abkommandiert ist. Die Beiden verbringen eine Liebesnacht zusammen. "Bleib" sagt Lena am Morgen, und Hermann beschließt, sich bis zum nahen Kriegsende in der Wohnung zu verstecken.

Während draußen die Welt in tiefe Depression versinkt, wird die Matratze in der Küche für die beiden Liebenden eine Insel des Glücks.

Aber Lena ist klar: Wenn der Krieg vorbei ist, ist auch diese Liebe zuende. Und so verschweigt sie dem jungen Geliebten die Kapitulation und verlängert ihr persönliches Glück über die zeitgeschichtlichen Tatsachen hinaus.

Während Lena auf der Straße und in der Kantine hautnah die befreienden Veränderungen nach dem Ende des Nationalsozialismus erlebt, geht Herrmann in der Wohnung auf und ab und träumt von einer Weiterführung eines Krieges, in dem die Deutschen gemeinsam mit den Amis und den Tommys gegen die Russen ins Feld ziehen.

Die Filmemacherin Ulla Wagner hat die gleichnamige Novelle von Uwe Timm recht stimmungsvoll auf die Leinwand gebracht.

Die Sicht auf die Historie bleibt gezielt verengt. Hermanns Blick aus dem Fenster zeigt nur einen engen Ausschnitt der sich verändernden Wirklichkeit, und auch Lenas Exkurse in die Außenwelt bleiben auf wenige wiederkehrende Orte und Straßen beschränkt, es gibt keine großen Totalen auf die zerbombte Stadt, nur kleine Miniaturen der sich verändernden Tristesse des Jahres 1945.

Überall erkennt man das rekonstruktive Bemühen der Ausstatter, ohne dass ein wirkliches Gefühl für die Zeit entsteht. Natürlich glänzt Barbara Sukowa auch in diesem Film durch ihre differenzierte Ausgestaltung der selbstbewussten Frauenfigur, und auch Alexander Khuon überzeugt in seiner ersten Kinorolle als melancholischer Deserteur.

Aber man hat das deutliche Gefühl, dass Ulla Wagner die literarische Vorlage. Die Entdeckung der Currywurst ist ein kleines Fernsehspiel auf der großen Leinwand.

Mit ein wenig mehr inszenatorischem Mut hätte man mehr, sehr viel mehr aus diesem hervorragenden Stoff machen können.

Martin Schwickert

D 2008 R&B: Ulla Wagner nach der Novelle von Uwe Timm D: Barbara Sukowa, Alexander Khuon, Wolfgang Böck