CROSSING OVER

Türhüter

Ein nett gemeintes Patchwork-Movie über US-Immigranten

Um eine Greencard, eine Arbeitserlaubnis in den USA zu erhalten, schläft die australische Schauspielerin Claire Shepard zwei Monate lang mit dem Mann, der über die Vergabe dieser Karten entscheidet. Der wird mit ruppig-dämonischem Charme von Ray Liotta gespielt, der sich erstens in Claire verliebt (die ihn übel abblitzen lässt) und zweitens für derart verwerfliches Tun am Ende verhaftet werden wird.

Ray Liottas Frau Ashley Judd ist Anwältin für Immigrationsfragen und vertritt ein 15jähriges Mädchen, das in einem Schulaufsatz die Anschlage von 9/11 behandelte. Es ist nicht so ganz klar, was das Mädchen darin aussagt, der Verdacht des Sympathisantentums reicht jedoch aus, dass eines Tages das FBI vor der Tür steht und das Mädchen abgeschoben wird. Das gibt Tränen und Herzschmerz, weil Abschiebungen nie schön sind, aber die Paranoia der USA wird in diesem Handlungsfaden so wenig thematisiert wie das Motiv des Mädchens, auf dessen heimischen PC das FBI jede Menge Verbindungen zu Dschihad-Websites findet.

So geht das weiter: Harrison Ford als Cop der Einwanderungsbehörde trifft bei einer Razzia auf Alice Braga, die, illegal im Land, ihm eine Adresse zusteckt, um ihren kleinen Sohn dort abzuholen. Weil Ford ein Cop mit Herz ist, gerät er dabei in eine vollkommen wirre Geschichte, in der am Ende jemand sehr tot in der Wüste liegt.

Geradezu bizzar bescheuert ist eine Szene, in der ein junger Japaner einen Drugstore überfällt und dabei von einem iranischstämmigen Polizisten gestellt wird, der ihm, im Angesicht der gelandenen Waffe, von der Erhabenheit vorschwärmt, Amerikaner werden zu dürfen, und den jungen Gauner (dessen Bande gerade den Ladeninhaber erschossen hat) laufen lässt, damit er am nächsten Morgen mit Familie an der Einbürgerungszeremonie teilnehmen kann.

Wayne Kramer ( The Cooler ) hat einen läppischen, uninspirierten Film gedreht, der ständig um das Thema "Einwanderung" kreist und dabei letztlich keine Position und keine Pointe findet.

Wo ähnliche Filme wie Crash den arg strapzierten Zufall immerhin für kathartische Momente nutzen, plätschert Kramers sentimentales Drama so dahin und läßt eine Menge Handlungsfäden herumliegen.

Spannender als der Film selbst ist sein Hintergrund. Der legendäre Produzent Harvey Weinstein, der nach dem Verkauf seiner Firma "Miramax" mit "The Weinstein Company" längst wieder gut im Geschäft ist, soll aus Kramers Film 20 Minuten rausgeschnitten haben. Das allerdings wurde notwendig, weil Sean Penn, der ursprünglich zu den Stars des Ensembles gehörte, seinen Part entfernen ließ und damit auch alle Hinweise aus anderen Handlungsfäden auf Penns Figur entfernt werden mussten. Penn wiederum soll auf dieser seiner Eliminierung bestanden haben, weil in einem Subplot ein "Ehrenmord" an einer Iranerin gezeigt wird, wogegen nicht nur iranische Pressure-Groups in den USA protestiert hatten, auch Penn war mit dieser Handlung nicht einverstanden (die entsprechenden Szenen im Drehbuch muss er wohl vorher überblättert haben). Crossing Over ist ein schwacher Film, ein 20 Millionen Dollar-Torso, dessen Thema mehr verdient hätte. Warum eine sich abstoßend gebährdende Gesellschaft immer noch so viel Reiz auf den Rest der Walt ausübt, dass man Ehre, Freundschaft und Leben aufs Spiel setzt, nur um als Amerikaner darin leben zu dürfen - das hätte einen Film verdient. Allerdings nicht diesen hier.

Thomas Friedrich

USA 2009 R&B: Wayne Kramer. K: Jim Whitaker D: Harrison Ford, Ray Liotta, Ashley Judd, Alice Braga