Die Lincoln Verschwörung Der Tag danach Robert Redford verfilmt einen frühen Justizmord Nach der Ermordung von Präsident Lincoln 1865 wurden vier Menschen hingerichtet, drei Männer und eine Frau. Achtzehn Jahre lang recherchierte der Journalist und Drehbuchautor James D. Solomon, um einen Justizmord zu enttarnen, der in der Verfilmung durch Robert Redford bewusst beängstigende Parallelen zur Gegenwart aufweist. Mary Surratt betrieb eine Pension, in der sich die Verschwörer regelmäßig trafen. Ihr Sohn gehörte zum Kreis um den Attentäter John Wilkes Booth, der während seiner Verhaftung unter seltsamen Umständen erschossen wurde. Weil Surratts Sohn der einzige aus der Verschwörerclique war, dem die Flucht gelungen war, nahm man seine Mutter in Haft und beschuldigte sie der Konspiration und der Vorbereitung des Mordes an Lincoln. Surratts Anwalt Frederick Aiken hatte selbst auf der Seite der Nordstaaten im Bürgerkrieg gekämpft. Eher widerwillig nahm er den Auftrag zur Verteidigung an, in deren Verlauf er lernte, dass der ganze Staat sich dazu verschworen hat, Mary Surratt zu verurteilen, ob schuldig oder nicht. Robert Redford verfilmte diese Geschichte für die Produktionsfirma "American Film Company", deren Absicht es ist, historisch akkurate Filme herauszubringen. So darf man sicher sein, dass jedes modische Detail, jeder Straßenzug und die Interieurs historisch korrekt sind, was Die Lincoln Verschwörung aber keineswegs zu einem trocken Stück Geschichtsstunde macht, gerade aus der historischen Genauigkeit bezieht der Film seine Beklemmung. Etwa wenn teilweise willkürlich verhafteten Angeklagten unter Kapuzen gesteckt werden, die denen von Guantanamo verteufelt ähnlich sind. Und wenn Kriegsminister Stanton (großartig ernst: Kevin Kline) die Staatsraison über die Verfassung stellt, hat man Dick Cheney und John David Ashcroft im Ohr. Auch die gesellschaftliche Ächtung Aikens, der wegen seiner engagierten Verteidigung zunehmend von seinen Freunden gemieden wird, entspricht ziemlich genau jenem Bush-Diktum "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns!". James McAvoy spielt diesen Aiken (der ein gefeierter Kriegsheld war) zwischen naiver Arroganz und zunehmendem Entsetzen, Robin Wright als Mary Surratt spielt eine Frau, die ziemlich genau weiß, was mit ihr geschieht. Danny Huston, Evan Rachel Wood, Colm Meaney und Kevin Kline bilden ein Ensemble erstklassiger Schauspieler auch für die vielen Nebenrollen. Ganz im Dienst der Geschichte verzichtet der Film auf jeden Firlefanz und Schnickschnack, seien es emotionaler Musikeinsatz, Großaufnahmen oder eine hektische Wackelkamera. Redford beobachtet eine Administration, die in aller Ruhe einen Justizmord begeht um "Amerika" zu retten. In seiner großen Not wendet sich Anwalt Aiken an einen Richter, der eine Art Einstweilige Verfügung unterzeichnen soll. Der, mitten in der Nacht aus dem Bett geholt, sitzt dem hektischen jungen Mann mit freundlicher Skepsis gegenüber und sagt: "Ich soll das unterschreiben? Wissen Sie nicht, dass Präsident Lincoln mich in dieses Amt eingesetzt hat?!" Und Aiken antwortet: "Ja, und er hat das getan, weil er wusste, dass Sie zu jeder Zeit die Verfassung beachten würden." Diese amerikanische Naivität ist manchmal ebenso anrührend wie fürchterlich. In den USA floppte The Conspirator, dem auch ein paar Ungenauigkeiten unterliefen. So saß Mary Surratt eigentlich in einem anderen Gefängnis, und eine Begegnung zwischen John Surratt und Frederick Aiken hat nie stattgefunden. Aber derlei leichte Dehnübungen zugunsten einer runden Dramaturgie beschädigen weder die Geschichte noch den Film. Der erzählt von einem Volk unter Schockstarre und einem schwachen Präsidenten (Anderson wurde Lincolns Nachfolger), der sich den skrupellosen Machenschaften eines Kabinettsmitglieds dankbar unterwarf. Wie jede gute Geschichtsstunde handelt auch diese von der Gegenwart. Thomas Friedrich The Conspirator USA 2010 R: Robert Redford B: James D. Solomon K: Newton Thomas Sigel D: James McAvoy, Robin Wright, Kevin Kline, Evan Rachel Wood, Danny Huston
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