CLUBBED TO DEATH
Techno-Liebe Loveparade im Keller Lola und ihre Freundin gehen nachts durch die Straßen und zählen im Wechsel Männernamen auf. Die Liste der Eroberungen der beiden Zwanzigjährigen ist enorm. Trotzdem erfahren wir, daß Lola (Elodie Bouchez) sich noch als Jungfrau fühlt und sehr vage, aber auf jeden Fall romantische Vorstellungen von der wahren Liebe hat. So könnte einer dieser typisch französischen Quasselfilme beginnen, in denen gelassen, gediegen und ohne zwanghaftes Pathos amouröse Verwirrungszustände durchbuchstabiert werden. Aber die Protagonistin in Yolande Zaubermanns Clubbed To Death schläft auf dem Nachhauseweg im Nachtbus ein und landet irgendwo draußen in der Peripherie, dort wo es weniger gediegen zugeht. Hier wird die Stadt zur Steppenlandschaft. Betonburgen türmen sich am Rand aufeinander und sehen genauso heruntergekommen und verwahrlost aus wie die, die darin wohnen. Der letzte Bus, und es gibt kein Zurück. Kurzberockt, im schwarzen Kleidchen, mit einem dekorativen Designer-Loch auf Bauchnabelhöhe irrt Lola durch die nächtliche Trabantenstadt und landet in einem Techno-Club - ein Industrie-Bau mit kahlen Wänden und hohen Decken, der erst durch die Lichtmaschinerie zum Tempel wird. Lola lächelt unentwegt und noch mehr, nachdem sie eine dieser netten weißen Pillen zu sich genommen hat. Sie treibt durch die tanzende Menge, verfängt sich immer wieder in Männerarmen. Mit ihr treibt die Kamera umher, auf Augenhöhe, schweifender Blick auf tanzende Körper und leere Gesichter in fahlem Licht. Die Musik (Philippe Cohen Solal) - qualitätvoll zusammengemixte Techno-, Soul- und TripHop-Klänge - versucht die Macht über die Bilder zu bekommen, und die geschulterte Kamera kann sich dem Beat kaum entziehen.
Martin Schwickert
|