CHE - GUERILLA

ZÄHES ENDE

Jetzt kommt »Ché - Guerilla«: Die beiden Teile von Soderberghs Che-Film mit fünfwöchigem Abstand in die Kinos zu bringen, ist ein Nonsens sondergleichen.

Nicht nur weil die beiden Filme mit dem ruhmreichen Aufstieg des Commandante während der kubanischen Revolution und seinem tragischen Scheitern in Bolivien zwei Seiten einer Medaille beleuchten. Sondern auch weil der Mut zur Lücke, den Soderbergh zwischen den beiden Hälften beweist, bei mehrwöchigem Sichtungsabstand wirkungslos verpufft. Che - Revolucion endete abrupt im Jahr 1958 auf einer Landstraße, vor der Einnahme Havannas. Der zweite Teil beginnt 1965, als Che aus Kuba verschwindet, um die Revolution in andere Länder zu tragen. Dazwischen liegt der Triumph der kubanischen Revolution, den Soderbergh genauso ausspart, wie die nachrevolutionären Differenzen zwischen dem Industrie- und Handelsminister Guevara und dem Ministerpräsidenten Fidel Castro.

Damit blendet Soderbergh alle Irritationen aus, die Siegesfeiern und die Niederungen der Realpolitik auf sein eigenwilliges Porträt des Revolutionsführers auslösen könnten. Er interessiert sich allein für den Kämpfer Che Guevara, auf dessen unkorrumpierbare Haltung sich der Mythos des Revolutionärs gründete.

Nachdem Guevara über Nacht aus Kuba verschwunden ist, reist er zwei Jahre später mit gefälschten Papieren in Bolivien ein, um die Revolution in dem verarmten Andenstaat zu organisieren. Die Indio-Bauern, die kaum ein Wort Spanisch sprechen, sind skeptisch gegenüber den ausländischen Revolutionären, die bolivianische KP verweigert die Unterstützung für den bewaffneten Kampf, und ein sympathisierender Bergarbeiterstreik wird von den Regierungstruppen mit einem Massaker beendet. Denn auch die Gegenseite hat aus der kubanischen Revolution gelernt. CIA-Berater bilden die bolivianischen Truppen im Anti-Guerilla-Krieg aus.

Guevara macht keinen Hehl daraus, was alle erwartet: Hunger, Entkräftung und wohlmöglich der Tod. Genau das zeigt die Kamera in elegischer Ausführlichkeit. Ein Scharmützel reiht sich ans nächste. Gewehrkugeln zischen. Die Revolutionäre werden zu Gehetzten, die hoffungslos in der Minderheit zur Strecke gebracht werden. Mit unnachgiebiger Härte stellt Soderbergh dem ruhmreichen Sieg der kubanischen Revolution, das elende Zugrundegehen des bewaffneten Kampfes entgegen.

Als Guevara verletzt gefangen genommen wird und sich den Verhören von Militär und CIA verweigert, wird er von einem Armeeoffizier in seiner Zelle erschossen. Das Foto von Guevaras Leichnam, das ihn in christlicher Märtyrerposition zeigt - auch das spart Soderbergh aus. Kein Mythos. Nirgends.

Vielleicht wäre eine Auseinandersetzung mit dem Mythos statt der konsequenten Entmythologisierung, wie sie Soderbergh über insgesamt 269 Filmminuten betreibt, doch das interessantere Konzept gewesen. Mit fast schon masochistischer Akribie beschreibt Soderbergh das langsame Ende des Revolutionsführers und gerät dabei deutlich an die Geduldsgrenzen auch sympathisierender Rezipienten. Dass Revolution kein Zuckerschlecken ist - wir haben es geahnt und wollten es so genau auch nicht wissen.

Martin Schwickert

USA 2008 R: Steven Soderbergh B: Peter Buchman Benjamin A. Van der Veen K: Steven Soderbergh alias Peter Andrews D: Benicio Del Toro, Franka Potente, Joaquim de Almeida