CASSANDRAS TRAUM

Verbrechen und andere Kleinigkeiten

Mord als Mittel zum sozialen Aufstieg: Woody Allen hat daraus schon einmal keine Komödie gemacht

Unübersehbar versucht Woody Allen mit Cassandras Traum an den überraschenden Erfolg von Match Point anzuknüpfen. Auch hier ist London die Stadt der Wahl, die zum Alterssitz des bekennenden New Yorkers geworden ist. Vor der Kulisse der britischen Hauptstadt entwirft Allen erneut eine schwarze Tragödie, die von den Aufstiegssehnsüchten einfacher Leute angetrieben wird und von dem moralischen Dilemma, in das sie sich auf der Suche nach einem besseren Leben begeben.

In Match Point war es ein Tennislehrer, der sich in die High-Society hocharbeitet und seinen sozialen Status mit der Schrotflinte verteidigt. In Cassandras Traum sind es zwei Brüder aus dem Arbeitermilieu, die vom großen Geld träumen.

Der Automechaniker Terry (Colin Farrell) sucht sein Glück im Spiel und geht aus einer hochdotierten Poker-Partie mit einem Soll von 90.000 Pfund hervor. Sein Bruder Ian (Ewan McGregor) führt das vor sich hin sterbende Restaurant seines Vaters und hofft, durch die Investition in kalifornische Hotelanlagen sein Blatt zu wenden. Er verliebt sich in die aufstrebende Schauspielerin Angela (Hayley Atwell), eine Frau mit Ansprüchen, die er mit geliehenem Sportwagen und einem aufpolierten Lebenslauf beeindruckt.

Das unmoralische Angebot kommt von dem reichen Onkel aus Amerika. Der Schönheitschirurg sieht sein Firmenimperium durch die Aufdeckung unsauberer Geschäftspraktiken gefährdet. Howard (Tom Wilkinson) appelliert an die familiäre Solidargemeinschaft und überredet die Neffen dazu, einen auskunftswilligen Mitwisser letal zu entsorgen.

Nicht nur von der Planung des Mordes, sondern auch von den moralischen Nachwehen der Tat sind die beiden Brüder vollkommen überfordert. Während Ian endlich seine Karrierepläne in der kalifornischen Sonne verwirklichen will, wird Terry von Schuldgefühlen aufgefressen.

Mit der analytischen Distanz eines Insektenforschers blickt Woody Allen auf das moralische Dilemma der Gebrüder. Mitleidslos läuft die Mechanik dieser Tragödie ab, in der nur gelegentlich satirische Einsprengsel zu finden sind. Allerdings ist Cassandras Traum längst nicht so meisterhaft durchkonstruiert wie Match Point und wirkt ein wenig zu routiniert, um sich im Zuschauergedächtnis einzunisten. Besonders befremdlich, wie in fast jedem Allen-Film, ist die deutsche Synchronisation, die alle Zwischentöne plattbügelt.

Martin Schwickert

Cassandra's Dream USA/GB/F 2007 R&B: Woody Allen K: Vilmos Zsigmond D: Colin Farrell, Ewan McGregor, Tom Wilkinson