CAMILLE - VERLIEBT NOCH MAL

La Boum Boum

Eine französische Zeitreise in die 80er

Camille ist 40 und spuckt Blut. In der herrlichen Anfangsszene der Komödie der Regisseurin Noémie Lvovsky liegt die Schauspielerin Noémie Lvovsky bei den Dreharbeiten einer Horrorklamotte herum, kriegt die Kehle aufgeschlitzt und macht eine ziemliche Sauerei. "Hattest du Text?", lässt Drehbuchautorin Noémie Lvovsky nachher in der Garderobe eine Kollegin fragen. Camille macht nur eine kotzende Geste und schon allein die dürfte diesen Film für ein amerikanisches Remake qualifizieren.

Dabei ist er selber schon eins, was aber erst allmählich auffällt, denn über weite Strecken etwas zu zauberisch und ernsthaft zugleich wirkt die Zeitreise, zu der Camille aus ihrer zusammenbrechenden Gegenwart aufbricht. Ihre 25jahrige Tochter ist aus dem Haus, ihr einst so verliebter Ehemann hat die gemeinsame Wohnung verlassen, ihre Eltern sind tot und die Whisky-Flasche des Tages ist auch schon wieder fast leer.

Da erwacht Camille, körperlich unverändert, als verkaterte 16-jährige im Jahr 1985. Schnell zwängt sie sich in ihr Teenie-Outfit, freudig begrüßt sie ihre wiederauferstandenen Eltern und fast spielerisch stürzt sie sich in den wilden Schulalltag.

Anders als Kathleen Turner in Peggy Sue hat geheiratet (1986 gedreht) versteckt Noémie Lvovsky aber nie, dass sie nur eine verkleidetet erwachsene Frau ist, ja neben ihrem Ehemann, in den sie sich nun ums Verrecken nicht verlieben will, hat sie auch noch ihre ganze Freundinnenriege in die Vergangenheit mitgenommen und die Damen haben großen Spaß daran, noch einmal jung zu sein, noch einmal einen Walkman aufzusetzen, noch einmal des Nachts über den Zaun des Schwimmbades zu klettern.

Der Ernst spielt dabei immer mit, gerade weil Camille nicht aussieht wie süße 16, und etwa ganz unjugendlich nostalgisch ständig die Stimmen von Mama und Papa per Kassettenrecorder aufnehmen will, um sie für die Ewigkeit zu bewahren. Oder wenn sie vor einer Jukebox steht und keinen Sänger darin findet, der nicht längst tot ist.

WING

Camille Redouble. F 2012. R: Noémie Lvovsky B: Maud Ameline, Noémie Lvovsky, Pierre-Olivier Mattei & Florence Seyvos K: Jean-Marc Fabre D: Noémie Lvovsky, Samir Guesmi, Yolande Moreau, Michel Vuillermoz