CADILLAC RECORDS Black Musik Wie aus dem schwarzen Rhythm'n'Blues der weiße Rock'n'Roll wurde Das ist mein Song!" ruft Chuck Berry aus, als die Beach Boys mit "Surfin' USA" aus dem Radiolautsprecher ertönen. Note für Note haben die Jungs vom Strand Berrys "Sweet Little Sixteen" abgepaust und massenkompatibel verwurstet Das ist mittlerweile gerichtlich erwiesen. Über den Ursprung des Rock'n Roll wird jedoch weiterhin gestritten. War es Memphis, wo Elvis Presley seinen Hüftschwung übte? Oder vielleicht doch eher Chicago, wo die Gebrüder Chess ein Plattenstudio betrieben, in dem sie die Größen des schwarzen Rhythm and Blues einen breiten Publikum zugänglich machten? Muddy Waters, Howlin' Wolf, Etta James, Willie Dixon, Chuck Berry und Little Walter standen hier unter Vertrag, und an der Veröffentlichungsliste von "Chess-Records" lässt sich der Übergang vom Blues zum Rock'n Roll genau verfolgen. Darnell Martin beleuchtet mit Cadillac Records die Geschichte des legendären Labels. Anders als Paul Justmans Standing in the Shadows of Motown oder Julian Benedikts Blue Note tut sie das nicht in Form einer Musikdokumentation, sondern als Spielfilm. Im Fokus sind zunächst der begnadete Blues-Gitarrist Muddy Waters (Jeffrey Wright), der aus seiner Hütte in den Baumwollfeldern Mississippis nach Chicago aufbricht, und der polnische Emigrant Leonard Chess (Adrian Brody), der fest an den amerikanischen Traum glaubt und sich sehnlichst einen Cadillac wünscht. Ein paar Jahre später verschenkt er an seine Musiker einen Cadillac nach dem anderen. Ihm gelingt es, die schwarze Musik in die Radiocharts zu bringen, und nicht nur für seinen Star-Gitarristen Muddy Waters wird bei "Chess-Records" der Grundstein für weltweiten Ruhm gelegt. Chuck Berry (Mos Def) nimmt hier seine ersten Platten auf und versetzt mit seinen Gitarrenriffs und dem typischen Entengang auch die weißhäutige Zuschauerschaft in Ekstase. Später stößt noch Etta James (Beyoncé Knowles) zur Chess-Familie, die sich kraftvoll zentnerweise Schmerz von der Seele singt und den Produzenten nicht nur stimmlich stimuliert. Man kann es Regisseurin Darnell Martin nicht hoch genug anrechnen, dass sie ihr Sujet nicht in das Korsett einer klassischen Musiker-Biopics gezwängt hat. Sie lässt sich von der Musik leiten und versammelt in den Studioräumen ein interessantes, widersprüchliches und teilweise hochexplosives Gemisch von Musikercharakteren. Die Schauspieler, die ihre Songs allesamt selbst einsingen, zeigen sich in Bestform. Jeffrey Wright macht als Muddy Waters erneut eine beeindruckende Metamorphose durch. Mos Def versprüht Chuck Berrys schrägen Charme, und Beyoncé Knowles als selbstbewusst-zerbrechliche Etta James trifft nicht nur in musikalischer Hinsicht genau den richtigen Ton. Ganz nebenbei huscht in Seitenblicken die rassistische Zeitgeschichte der fünfziger Jahre vorbei, und ohne politischen Bekenntniszwang vermittelt der Film ein Gefühl dafür, dass es die afroamerikanische Musik war, die mit ihrem Rhythmus die US-Gesellschaft eroberte und damit das mentale Fundament für die schwarze Emanzipations- und Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre gelegt hat. Martin Schwickert USA 2008 R&B: Darnell Martin K: Anastas Michos D: Adrien Brody, Jeffrey Wright, Beyoncé Knowles
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