Breathing Earth - Susumu Shingus Traum

Pustekuchen

Erdkunst-Doku mit Luft und Liebe, Wind und Wellen

Susumu Shingu ist ein Spielkind. Längst über 70, aber noch immer mit Seifenkisten und Papierfliegern im Kopf. Und einer Zukunft im Gleichklang mit der Natur. Glücklich hüpft der berühmte japanische Künstler auf einer Abraumhalde im Ruhrgebiet herum, an deren Naturierung er mit selbstentwickelten Windkraftanlagen mitwirken will. "Die sind nicht so effizient wie die von der Industrie, aber lautlos, man kann direkt neben ihnen wohnen." Jedenfalls hofft er das, denn noch dreht sich keine. Früher habe er nur sinnlose Maschinen konstruiert, jetzt wolle er mal etwas Sinnvolles machen, erklärt er den umstehenden Kommunalpolitikern. Und schockiert sie gleich darauf damit, auf dem leblosen Gelände, das aussieht wie der Mond, so zu tun, als könne ihn die verminderte Schwerkraft kaum noch am Boden halten.

Thomas Riedelsheimer ist ein schweigsamer und bildgewaltiger Dokumentarist. Mit Touch of Sound feierte er die gehörlose Percussionistin Evelyne Glennie, mit Rivers & Tides die Land-Art von Andy Goldworthy, der seine Skulpturen gern so baut, dass die Flut sie wegspült. Und jedes Mal erhob sich die Dokumentation mindestens zur dekorativen Poster-Sammlung, ja darüber hinaus zur werküberschreitenden Erinnerung an den Akt der Schöpfung.

Im Fall von Susumu Shingu dauerte die Arbeit daran sechs Jahre. Längst war Shingu mit filigranen Windspielen weltweit bekannt geworden. Er malte Kinderbücher, gestaltete Bühnenbilder und verwandelte sterile Wolkenkratzer mit etwas Kunst am Bau in verrückte, lebendige Maschinen, die mit Jalousien flattern, als wollten sie gleich abheben. Nun brach er auf, um rund um den Globus nach einem Ort für Projekt Breathing Earth zu suchen. Erstmals sollen dort Wasser- und Windspiele zusammen kommen mit ökologischer Energieerzeugung, ein ganzes utopisches Dorf soll im Rhythmus der Natur leben und Ingenieure und Künstler gemeinsam in einem Zukunftslabor arbeiten.

Der Film begleitet Shingu und seine Frau Yasuko von Süditalien bis Schottland und auf eine winzige türkische Insel, wo das große Konzept in Sponsoren-Sitzungen Gestalt annimmt, während Riedelsheimer manchmal nur Löwenzahnsamen im Wind zeigt. Und immer wieder Shingus frühere Werke. Solche Bilder packen auch nach Jahren voller "Erde von oben"-Diashows noch, gerade weil sie kleine Wunder zeigen.

Am Ende wird es kein Utopia geben, aber Susumu und Yasuko sitzen am Meeresstrand vor einer langsam wogenden Skulptur und finden, eigentlich komme es doch nur auf die Idee an. Dann flaut der Wind ab und als letzte Frage bleibt, was denn jetzt schöner sei, die Skulptur oder der Sonnenuntergang.

Wing

D 2011 R, B, K: Thomas Riedelsheimer. O.m.d.U.