BREAD & ROSES

Arbeitskampf mit Liebe

Die Putzkräfte proben den Aufstand

Der Brite Ken Loach ist einer der wenigen Filmemacher der 68er-Generation, der seiner linken Gesinnung bis heute treu geblieben ist. Auch als der Marxismus aus der Mode kam, widmete sich Loach in Filmen wie Riff Raff (1991) und Ladybird (1994) den Sorgen und Nöten des britischen Proletariats, zeichnete in Land and Freedom (1995) ein Sittengemälde des spanischen Bürgerkriegs und reiste als verspäteter Revolutionstourist mit Carlas Song (1997) ins sandinistische Nicaragua.

Zumindest geographisch hat sich der politisch engagierte Autorenfilmer nun Hollywood angenähert. Vor der glamourösen Kulisse von Los Angeles erzählt er in Bread and Roses vom Arbeitskampf der unterbezahlten Reinigungskräfte, die Nacht für Nacht den Glanz der Filmmetropole nachpolieren. Die junge Maya (Pilar Padilla) ist gerade aus Mexico illegal eingereist und hat durch ihre ältere Schwester Rosa (Elpidia Carillo) den Job in der Putzkolonne eines Bürohochhauses bekommen. Die Bezahlung liegt weit unter dem Mindestlohn. Kündigungsschutz und Krankenversicherung gibt es nicht. In der Hierarchie der US-Dienstleistungsgesellschaft stehen die Immigranten auf unterster Stufe. "Unsere Uniformen machen uns unsichtbar", sagt ein Kollege, als die Angestellten in ihren sauberen Anzügen über die Putzleute hinwegsteigen. Schon am ersten Arbeitstag trifft Maya auf den Gewerkschaftsaktivisten Sam (Adrien Brody), der mit unorthodoxen Methoden versucht, die Reinigungskräfte für den Kampf um ihre Arbeitsrechte zu bewegen. Auch wenn Maya sich zunächst mehr zu Sam als zu dessen gewerkschaftlichen Anliegen hingezogen fühlt, findet der zappelige Agitator in ihr eine erste Mitstreiterin. Bread and Roses schildert den langsamen Prozess der Organisierung, vordergründig wirkt der Film wie ein Schulungsvideo für Gewerkschaftsfunktionäre. Aber Loach gelingt es, sein didaktisches Anliegen durch lebendige Charaktere zu vermitteln. Adrien Brody ist sicherlich einer der charmantesten Gewerkschaftsfunktionäre der Filmgeschichte, Pilar Padilla in der Rolle der Maya wirbelt als kleines Energiebündel durch die Agitationsdramaturgie. In einer aufrichtig dramatischen Szene prallt Mayas naiv-revolutionärer Elan auf die schmerzhaften Lebenserfahrungen ihrer älteren Schwester, die sich prostituieren musste, um die Familie in Mexiko zu finanzieren. Hier bricht die politische Linearität auf und die emotionale Wahrhaftigkeit solcher Szenen ist eindrucksvoller als alle Gewerkschaftsprogramme. Bread and Roses ist der erste Film den Loach in den USA gedreht hat. Seine Empörung über das rudimentäre Sozialsystem im reichsten Land der Welt ist eindringlich in Szene gesetzt, aber man merkt auch deutlich, dass Loach in diesem Milieu nicht zu Hause ist. Der soziale Realismus, der seine britischen Working-Class-Porträts auszeichnete, findet in den amerikanischen Verhältnissen keinen Resonanzboden.

Martin Schwickert

GB/SP/F/D/CH 2000 R: Ken Loach B: Paul Laverty K:Barry Ackroyd D: Pilar Padilla, Adrien Brody, Elpidia Carillo