BOUNCE
EIN AMOURÖSES TAUZIEHEN Vom Suff zur Liebe: Ben Affleck trifft Gwyneth Paltrow, die er ungewollt zur Witwe gemacht hat Mit seinem Regiedebüt The Opposite of Sex legte Drehbuchautor Don Roos eine hochamüsante und bitterböse Beziehungskomödie vor. In Bounce wirft er nun allen Sarkasmus über Bord und widmet sich den dramatischen Aspekten des Liebeslebens. Der Werbeagent Buddy Amaral (Ben Affleck) ist ein charmant-zynischer Sunny-Boy, der viel Erfolg und wenig Lebenserfahrung gesammelt hat. Ein zufälliges Ereignis macht ihn mit der Endlichkeit seiner irdischen Existenz vertraut. Auf dem verschneiten Flughafen von Chicago sind die meisten Flüge gestrichen und Buddy bietet dem Familienvater Greg sein Ticket für die letzte Maschine nach Los Angeles an. Das Flugzeug stürzt ab und alle Passagiere kommen ums Leben. Schuldkomplexe nagen in Buddys verkrusteter Seele, zumal ausgerechnet seine Firma den Auftrag für die Image-Kampagne der Unglücks-Airline übernommen hat. Nach dem Absturz kommt der trunksüchtige Yuppie gründlich auf den Hund und endet schließlich in einer Entziehungsanstalt. Nach seiner Entlassung treibt es ihn zu der Witwe des Verstorbenen. Abby (Gwyneth Paltrow) schlägt sich als Immobilienmaklerin durchs Leben. Buddy schustert ihr einen fetten Auftrag zu, ohne den eigentlichen Grund für seine Hilfsbereitschaft offen zu legen. Es kommt, wie es kommen muss. Die Blicke werden tiefer, das Geheimnis wird immer unaussprechlicher und das Happy End rückt in greifbare Ferne. Zweifellos arbeitet Bounce mit bekannten Versatzstücken. Die jüngere Filmgeschichte ist voll mit gescheiterten Existenzen, denen nach Scheidung, Jobverlust und Todesfällen eine zweite Chance offeriert wird. Flugzeugabstürze gehören nach wie vor zu den Lieblingskatastrophen amerikanischer Drehbuchautoren, und zuletzt hat Sidney Pollacks Hinterbliebenen-Romanze Begegnung des Schicksals das Publikum mit einem ähnlichen Stoff narkotisiert. Bounce besticht weniger durch die Originalität des Materials, als durch die Sorgfalt, mit der es bearbeitet wurde. Roos lässt sich Zeit für die Entwicklung der Figuren, bevor er das unvermeidliche amouröse Tauziehen in Gang setzt. Die komplizierte Romanze kommt ohne das gängige Seelenverwandtschaftsgeplapper aus und verweigert sich weitestgehend den Kitschstandards. In sentimentalen Momenten zoomt die Kamera nicht auf tränendurchflutete Augäpfel, sondern zieht sich diskret in die Halbtotale zurück. Die Darsteller nutzen den Handlungsspielraum. Vor allem Gwyneth Paltrow überzeugt als pragmatisch-zerbrechliche Witwe in einem Liebesdrama ohne Pathos und Schminke.
Martin Schwickert
USA 2000 R&B: Don Roos K:Robert Elswit D: Ben Affleck, Gwyneth Paltrow, Natasha Henstridge, 110'
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