»BLACK AND WHITE«

Streetwise

Schwarz ist cool

Holprig rappend stolpern kleine Jungs durch den Central Park und beobachten aus sicherer Entfernung ihre großen schwarzen Brüder, wie sie mit zwei weißen Schulmädchen Sex haben. Die eine der beiden kann nachher ihren stinkvornehmen Eltern (mit schwarzem Diener) nur schwer verkaufen, dass sie den Nachmittag in der Bibliothek verbracht hat, weil sie das Wort nicht richtig ausspricht und nur eine entfernte Ahnung davon hat, was es bedeutet.
Wie für die kleinen Jungs, so geht auch für die Kamera ein großer visueller Reiz von den schwarzen HipHoppern und Gangstern aus, für die Teenies aus der weißen Oberschicht verkörpern sie das coole Leben; die einfache, direkte Sprache der Szene ist ihnen näher als die klassischen Werte der Bildungselite. So eröffnet Toback den Blick auf einen spannenden Ensemblefilm, wobei die Kamera von David Ferrara neben dem Soundtrack des Wu-Tang Clans am meisten zur atmosphärischen Dichte von Black and White beiträgt.
Hinzu kommt die Präsenz der Profi- und Laiendarsteller: Wu-Tang-Rapper wie Power und Raekwon bringen die street credibility mit, Elija Wood und Bijou Phillips im Debüt führen die Teenie-Riege an, Claudia Schiffers Besetzung als Anthropologie-Doktorandin klingt zwar nach James Bond, schafft aber gelungene Szenen, wenn hinter dem Glamour-Girl die Intrigantin sichtbar wird; Ben Stiller und Robert Downey jr. liefern am Rande der Handlung eindrucksvolle Charakterstudien ab.
Mittelpunkt der schwarzen Szene, sozusagen der geistige Übervater auch wenn er in einem Anflug von Selbstironie einmal von sich sagt, dass er für Weisheit nicht gerade berühmt sei und physisches Epizentrum des Films ist Mike Tyson als er selbst. Durchaus nicht als sein eigenes Klischee inszeniert, scheint die Leinwand immer wieder von seiner Präsenz aufgeladen zu sein. Grandios die Szene, in der Downey Tyson anmacht und der, in seinen sprachlichen Mitteln unterlegen, die Nerven verliert und gewalttätig wird.
Wenn auch die Synchronisation, gerade bei den improvisierten Raps, fast unerträglich ist, zerstören kann sie die aufwühlende Wirkung nicht. Es scheint, als ginge die Fun-Ära der Tarantinos & Co. mit ihren sprüche- wie selbstverliebten Inszenierungen zu Ende; und nach dem Gefuchtel der Dogma-Dänen ist hier eine Handkamera zu sehen, die im Dienste der besseren Fiktion den Bildern den Geruch von Straße, Realität, Leben verleiht.

Thomas Warnecke