BIRDWATCHERS

Nur für Touris

Die Abholzung des Regenwaldes hat dramatische Folgen für die dort lebenden Indianer. Marco Bechis »Birdwatchers« handelt genau davon

In der ersten Szene gleitet ein Boot über den Amazonas, Touristen bestaunen die Landschaft mit großen Augen und noch größeren Fernrohren. Am Flußufer steht eine Gruppe halbnackter Indios und guckt finster zum Boot herüber. Eher gelangweilt schießen sie ein paar Pfeile in Richtung Touristen. Deren Führer wirft schnell den Außenbordmotor an und das Boot entschwindet. Die Indios marschieren anschließend im Gänsemarsch durch den Dschungel, treten ins Freie - wo ein LKW steht, auf dem ihre Klamotten liegen. Sie ziehen sich wieder an, kassieren ein bisschen Geld und fahren ins Reservat zurück.

Der heitere Tonfall kippt sehr schnell. Während sie auf der Jagd sind, finden zwei Jungen die Leichen zweier erhängter Indio-Frauen im Dschungel. Es gibt keinen Zweifel: Selbstmord. Die Toten werden begraben und der Häuptling beschließt, mit seinem kleinen Stamm - vielleicht gerade mal 20 Leuten - das Reservat zu verlassen.

Wie die Guarani-Indios am Rande einer Straße ihr neues Lager aufschlagen, von dem aus sie den Regenwald immerhin von weitem sehen, weil zwischen ihnen und dem Wald ein Zaun ist und viel kahles Ackerland, das einem Großgrundbesitzer gehört, stellt den witzigen und tragischen Kern des Films dar. Es wird Liebes- und Sexszenen geben, die weissen Herrenmenschen sind nicht alle Böse, und doch wird am Ende jemand ermordet werden und der Häuptling wird besoffen im Straßengraben liegen.

Es geht hier nicht um Ethnokitsch, sondern um Geld: Die Rodung des Regenwaldes hat viele Einwohner ihrer Heimat beraubt, die billigerweise dafür in Reservate gesteckt wurden. Es geht um Geld und Arbeitskräfte (die Indios werden als billige Wanderarbeiter eingesetzt) und die ganz normalen Mechanismen des Kapitalismus. Dem stehen die Indios mit ihrer mysthischen Weltsicht - die Bechis sehr gut umgesetzt hat, ohne dass man sie verstehen kann - hilflos gegenüber.

Bechis hat diesen Film zusammen mit den Guarani-Kaiowa-Indianer des Mato Grosso entwickelt und die Indio-Rollen mit Laien besetzt. Herausgekommen ist ein eher getragener Film, dessen heitere Stimmung in vielen Episoden große Komik hervorbringt. Und damit der tragischen Geschichte scharfe Konturen verleiht. Soweit man solch ein Thema in einen Film verwandeln kann, hat der Marco Bechis einen brillanten Job gemacht.

Victor Lachner

BirdWatchers - La terra degli uomini rossi Bras./It. 008 R: Marco Bechis. B: Marco Bechis, Luiz Bolognesi K: Hélcio Alemão Nagamine D: Claudio Santamaria, Alicélia Batista Cabreira, Ambrósio Vilhava, Leonardo Medeiros