BIN ICH SCHÖN?


Liebe im Stau

Doris Dörrie verfilmt ihre eigenen Kurzgeschichten

Gottfried John, Iris Berben, Senta Berger, Uwe Ochsenknecht, Gisela Schneeberger und Dietmar Schönherr - die Besetzungsliste von Doris Dörries neuem Film Bin ich schön? liest sich wie die vergilbte Casting-Kartei eines Vorabend-Serien-Produzenten. Dazu gesellen sich die - nun ja - Stars des neudeutschen Kinowunders: Maria Schrader, Franka Potente, Heike Makatsch, Joachim Krôl, Nina Petri.
Der Grund für diese aufwendige Personalpolitik von Bin ich schön? ist der gleichnamige Kurzgeschichtenband von Doris Dörrie, der ein knappes Dutzend Liebesbeziehungen in unterschiedlichen Zerfallsstadien beschreibt. Seit Robert Altmans Short Cuts darf man halt auch im Kino viele kleine Geschichten in einem Film zusammenführen.
Das ist nicht leicht. Ein Münchner Koch und dessen magersüchtige Frau, eine schweigsame Tramperin in Spanien, eine abgetakelte Hippie-Braut auf dem Flughafenparkplatz, ein verlassener junger Liebhaber im Billighotel, eine scheiternde Ehe im Münchner Stau, einen verwirrten spanischen Witwer mit Urne im Gepäck - all das miteinander sinnvoll zu verbinden, das gelingt Doris Dörrie nur teilweise. Oft wird hier nur addiert, springt die Handlung aufdringlich kontrastreich vom sonnigen Spanien ins schneevermatschte Bayern, versucht die Kamera mit Tricks fehlende Zusammenhänge zu ersetzen.
Auch wenn Doris Dörrie an der eigenen virtuosen Erzähltechnik oftmals scheitert, ist dieses Scheitern immer noch interessanter als das typische dramaturgische Sicherheitskonzept deutscher Einheitskomödien. Jede Einzelgeschichte birgt in sich Pointen, überraschende Wendungen und zwischen den Zeilen auch ein wenig Lebensweisheit, die man im deutschen Kino - anders als im französischen - immer viel zu vorsichtig dosiert.
Eigentlich trägt Doris Dörrie ja an der kassenträchtigen deutschen Filmmisere die Hauptschuld. Mit Männer wurde sie 1985 gewissermaßen zur Urmutter der deutschen Beziehungskomödie, und seitdem hat das Geplänkel zwischen Männern und Frauen auf Buddelkastenniveau den deutschen Film nicht mehr verlassen wollen. Mit Bin ich schön? wird das Genre nun vielleicht endlich einmal erwachsen.
Auf jeden Fall sorgt der Film für einige bleibende komische Momente und schauspielerische Überraschungseffekte. Senta Berger als betrogene Ehefrau, Dietmar Schönherr als depressiver Altromantiker und all die anderen Gesichter, an denen man sich im Fernsehen so gründlich sattgesehen hat, laufen hier zu ungeahnter Höchstform auf.

Martin Schwickert