THE BIG HIT
King Kong lebt
Killer zwischen Broiler und BlutbadAm Ende fliegt eine Videothek in die Luft - aber der Held hat wenigstens seine überfällige Leih-Cassette vorher noch zurückgebracht (die schlechte Fortsetzung des Remakes von King Kong). Das brannte ihm doch sehr auf der Seele, während er als netter Auftragskiller, der schrecklich darunter leidet, wenn man ihn nicht mag, einen Mafia-Boß umnieten, ein japanisches Schulmädchen entführen und fesseln muß, einem Latino-Freund sowie beider Boß entkommen muß - und daß alles vor seinen jüdischen Schwiegereltern verbergen, wo er doch gerade noch schüchtern mit zwei linken Händen einen koscheren Broiler füllte, wobei ihm das süße Opfer half und es beinahe zum Beischlaf in Bratensoße kam.
Daß ist ungefähr ein Prozent aller Verwicklungen in dieser, von John Woo produzierten, ebenso romantischen wie stillosen, ebenso rasanten wie ekligen Gangster-Komödie. Es gibt wahrlich atemberaubende Stunts, es gibt Tötungs-Ballette und Pump-Gun-Akrobatik - und einen rülpsenden und vomitierenden Elliot Gould als Vater der Braut. Und Kelly Bundy, die mitten im Kugelhagel die Verlobung löst. Es gibt zerstückelte Leichen-Nebenrollen, die in unbeteiligten Badezimmern geparkt werden; es gibt tumbe Vorstadt-Nachbarn, die außer Rasenmähen nur sich beschimpfen können, weil alle reihum immer vor der falschen Garage parken - und eine tragödische, waffenstrotzende Konfrontation zweier geheim zu Todfeinden gewordener Killer-Kollegen unter dem Tisch, über dem Schwiegermamma ausdiskutieren will, ob ein Goj Matze richtig einweichen kann. Es gibt Seitenhiebe auf und Arschtritte für Gold Crest und Troma, die Shaw Brothers und John Woo selbst ... und gleich zweimal einen schier zum Leinwandzerreißen komischen Flashback ins gehongkongte Double-Feature-Kino, um jeweils im Nachklapp zu erklären, wie mal der böse Böse, mal der gute einer absolut tödlichen Situation doch noch entkamen.
Nie wohl bis heute war die vordergründige Screenplay-Postmoderne so frisch, nie so gewieft der pubertäre Drama-Subtext wie hier - außer wenn Errol Flynn unter Richard Lester in Reservor Dogs gespielt hätte ... es war dann aber doch nur das Unterhosen-Model Mark Wahlberg unter einem Woo-Protegé. Dessen Namen wir uns erst ab dem nächsten Film merken.
Das eigentlich Spannende ist ohnehin bloß, wie scheinbar mühelos amerikanische und asiatische Ästhetiken zusammenfinden, wenn alle Beteiligten sich nicht zu ernst nehmen. Und wie skrupellos. Wenn jetzt noch die europäische Stringenz von z.B. dem moralisch ähnlich bedenkenlosen Ladykillers dazu käme ... egal ... hier jedenfalls kriegt, und alle klatschen, mit umgedrehtem Magen aber dennoch, der Mörder den Schlüpfer.
Und daß King Kong das Hongkong-Kino befruchtete (viel mehr als Shakespeare und der Western das japanische) - wer könnte das besser beweisen als zwei Chinesen mit der Sprengung einer Videothek, die das Nicht-Zurückspulen mit Strafgebühren belegt. Kurz bevor sie gesprengt wird.
WING
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