BIG DADDY
Mein Freizeit-Papa
Adam Sandler - ein Bündel SchlichtheitDas sprichwörtliche Kind im Manne muss dann als Rückzugsmodell herhalten, wenn es im testesteron-gebeutelten Leben nicht so recht klappt. Sonny (Adam Sandler) ist so ein Typ, der sich ausgiebig in Infantilität zurücklehnt. Er arbeitet einmal pro Woche an der Mautstelle und träumt ansonsten viel in den Tag hinein. Sein Lebensmittelpunkt bewegt sich zwischen Schlafstatt, Fernsehgerät und Lieferservice - und das nach einem Jurastudium. Sonny gelingt es, andere Menschen in hübsche Schlamassel zu bringen und sich dabei stetig zu degradieren. Irgendwann hat seine Freundin genug von der unproduktiven Lebensphilosophie. Tür zu, vorbei. Ein paar Szenen später geht die Tür auf, und ein kleiner Junge steht davor. Eigentlich ist Julian der Spross seines Mitbewohners. Da jener sich aber gerade auf einer Chinareise befindet, springt Sonny für ihn ein.
Nun beginnt es richtig schwierig zu werden. Wer ist kindischer? Der Aufprall verursacht in Sonny einen Verantwortungsschub. Er mutiert zum titelgebenden "Big Daddy" - auch wenn es vorerst darum geht, Inline-Skatern Stöcke zwischen die Rollen zu werfen und an Hauswände zu urinieren. Die Lage spitzt sich zu, als das Sozialamt herausbekommt, dass Sonny weder orthodoxe Erziehungsmethoden benutzt noch der wirkliche Vater ist.
Regisseur Dennis Dugan, der mit Sandler bereits an Happy Gilmore arbeitete, inszeniert das Wer-ist-hier-da s-Kind-Spiel zügig und kurzweilig. Es ist auch eine Art von Verdienst, dass der Film nicht länger als neunzig Minuten dauert. Wer sich für Durchschnittlichkeit begeistert, weiss sich hier bestens aufgehoben. Die Strategie ging in den USA bestens auf. Das Rührstück der Nettigkeit spielte dort über 150 Millionen Dollar ein. Dabei versteht es Dugan, sich subtil über gewisse Standards hinwegzusetzen: Er zeigt ganz nebenbei und als wäre es das normalste in Hollywood ein küssendes Schwulenpaar! Das durfte nicht einmal Jonathan Demme in Philadelphia wagen.
Darüber hinaus gibt es wenig zu entdecken. Sandler dominiert jede Szene, so dass das handlungswichtige Kind lebendige Staffage bleibt und nur an der Hand Sandlers baumelt. Glücklicherweise verzichtet der in seiner Heimat sehr populäre Komödiant auf Jim Carreys Epilepsie oder Leslie Nielsens Naivität. Adam Sandler agiert als charmantes Bündel Schlichtheit. Er verleiht Sonny Menschlichkeit, die sich in normalen Sehnsüchten und Ängsten manifestieren.
Keine grosse Schauspielkunst, aber viel Potential zum Identifizieren. Man hat sich letzlich auch an Gute Zeiten, schlechte Zeiten gewöhnt.
Ulf Lippitz
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