DIE BESCHISSENHEIT DER DINGE

Proll-Panoptikum

Eine Kindheit im Belgien der 80er

In Cannes warb der Film für sich selbst durch ein Nacktfahrradrennen, durchgeführt von dickbäuchigen Belgiern. Die hatten das gleiche schon im Film selbst getan, und in weiser Selbsteinschätzung wurde dieses Alleinstellungsmerkmal für Werbezwecke hervorgehoben.

Aus dem Off und in seiner Erinnerung erzählt der Autor Gunther Strobbe über sein Leben unter Asozialen, Säufern und Vollidioten. Wie es ihm gelang, diesem Milieu zu entfliehen, warum er überhaupt Schriftsteller werden wollte, kommt nicht vor in diesem Film, der sich bemüht, irgendwo zwischen Flodder und Shameless aus dem Ekel- und Dümmlichkeitsfaktor der Familie Strobbe Funken zu schlagen. Episodisch und meistens recht unzusammenhängend wird da etwa berichtet, wie Onkel Koen den Biermeistsaufwettbewerb gewinnt und wie Papa mal nüchtern werden wollte und warum Gunther dann doch noch ins Internat kam; wie und warum ihn das rettete, bleibt unerzählt.

So bedient sich der Film aus dem Leben der Unterschicht, um sich hemmungslos anekdotenhaft über seine Protagonisten lustig zu machen. Weil der Film nichts erklärt, versagt er auch dort, wo er tragisch sein möchte. Die Beschissenheit der Dinge wird in ernsten Momenten aber nur rührselig.

Es fehlt die Wut der literarischen Vorlage, die ihrem Autor Dimitri Verhulst zum Erfolg verhalf. So bleibt der Eindruck einer konventionell erzählten Aufsteigergeschichte, die sich einige Extravaganzen erlaubt wie etwa ein Nacktfahrradrennen mit dickbäuchigen Männern.

Irgendwann leckt eine Katze genüsslich Erbrochenes auf. Der Film ist so ähnlich.

Victor Lachner

De helaasheit der dingen B 2009 R: Felix von Groeningen B: Christophe Diricks, Felix von Groeningen K: Ruben Impens D: Kenneth Vanbaeden, Valentijn Dhaenens, Koen de Grave, Gilda de Bal