BERLIN AM MEER

In der Abstellkammer

Junge Leute auf der Suche nach ihrem Platz im Leben

Als die kleine Schwester aus München in der Berliner WG ihres Bruders aufkreuzt und erzählt, dass sie Politologie studiert, wird sie nur müde belächelt. Politik ist so unheimlich uncool! Und dann noch ein Praktikum im Bundestag!
Mitsch (Claudius Franz), der seine Schwester schon als "reaktionäre Spießerin" angekündigt hatte, steckt Mavie (Anna Brüggemann) erst einmal in die Abstellkammer. In seinem Zimmer ist kein Platz, denn da bastelt der frisch exmatrikulierte Medizinstudent an seinem Motorroller.
Nebenan sitzen Tom (Robert Stadlober) und Malte (Axel Schreiber) vor ihren Computern und machen Musik. Nachts arbeiten sie in den Hauptstadtclubs als DJs. Tagsüber stehen sie verpennt mit dem Prosecco-Tablett am Rande eines Empfangs.
Aber zwischen Club und Catering keimt in Tom der Wunsch nach einem anderen, zielgerichteteren Leben. Heimlich hört er zu Hause Opern-Musik und bewirbt sich immer wieder vergeblich bei verschiedenen Musikhochschulen. Vielleicht fühlt er sich auch deshalb zur "reaktionären Spießerin" in der Abstellkammer hingezogen.
In seinem Regiedebüt zeichnet Wolfgang Eißler das Porträt der großstädtischen Mittzwanziger, die sich im Hauptstadtdschungel erfolgreich vor dem Erwachsenwerden drücken. Sein Generationsporträt leidet an der vorhersehbaren Entwicklung, in die die sinnsuchenden Figuren hineingegängelt werden. Zu offensichtlich wird die Orientierungslosigkeit und latente Unzufriedenheit der Langzeitjugendlichen zur Schau gestellt. Toms Leidenschaft für die Musik wirkt eher behauptet, auch wenn Robert Stadlober mit freiem Oberkörper zu Opernarien abrocken darf. Natürlich ist der Soundtrack hip und die melancholischen Bilder aus der Hauptstadt können sich sehen lassen. Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es den Suchbewegungen des Films deutlich an Substanz fehlt. Dass jede Party einmal zuende geht - haben wir das nicht schon vorher gewusst?

Martin Schwickert

D 2007 R&B: Wolfgang Eißler K: Florian Schilling D: Robert Stadlober, Anna Brüggemann, Claudius Franz