»THE BEACH«

Krach mit Kids

Unterm Pflaster liegt nix wie Ärger

Rucksackreisende sind die Kolonisatoren unserer Zeit und ihre Traumvorstellungen unterscheiden sich kaum von denen der Pauschaltouristen: unberührte Natur, einsame weiße Strände, türkisblaue Lagunen und schattige Palmen. The Beach schickt den Backpacker Richard (Leonardo DiCaprio) auf die Suche nach dem verlorenen Paradies. Seine Jugend hat Richard bisher am Computer verplempert, aber jetzt reist er in die weite Welt auf der Suche nach dem echten Leben. In einem heruntergekommenen Hotel in Bangkok trifft er auf den Engländer Daffy (Robert Carlyle), der etwas verstört von einem geheimnisvollen Strand faselt und ihm eine handgemalte Karte hinterlässt, bevor er sich unheilverheißend die Pulsadern aufschlitzt. Mit dem französischen Pärchen Francoise (Virginie Ledoyen) und Etienne (Guillaume Canet) stürzt sich der Jüngling ins Abenteuer.

Auf der abgelegenen Insel müssen sich die Kids erst einmal an einer Gruppe bewaffneter Dope-Bauern vorbeischleichen, und ein beherzter Sprung vom imposanten Wasserfall führt sie mitten hinein ins versprochen Paradies. Am Traumstrand hat sich unter der matriarchalen Leitung von Sal (Tilda Swinton) eine verschworene Hippie-Kolonie eingerichtet, die davon überzeugt ist, den Himmel auf Erden gefunden zu haben. Glück ist auf Dauer eine langweilige Angelegenheit, und Robert scheint das Unheil mit auf die Insel zu bringen. Als herauskommt, dass er den geheimen Ort anderen Rucksackreisenden preisgegeben hat, knirscht es gewaltig im Gruppenidyll.

Mit Trainspotting (1996) haben Regisseur Danny Boyle, Produzent Andrew Macdonald und Drehbuchautor John Hodge Kinokultgeschichte geschrieben, und nach Lebe lieber ungewöhnlich ist das Trio nun endgültig in Hollywood angekommen. Man erinnert sich noch an Ewan McGregor, der in Trainspotting schottische Kneipentoiletten vollkotzte, und sieht nun den strahlenden Leonardo DiCaprio mit blanker Hühnerbrust vor Kokospalmen posieren. Der Kontrast könnte größer kaum sein. Gemeinsam ist beiden Filmen, dass sie ihrem jungen Zielpublikum auf den Leib geschrieben wurden. Der anarchistische Heroin-Chic von Trainspotting bediente die rebellischen Grundbedürfnisse, The Beach setzt sich mit jugendlichen Glücks- und Harmonievorstellungen auseinander. Boyle & Co., die hier den gleichnamigen Roman von Alex Garland bearbeitet haben, gelingt es, die altbekannte Story von einem, der auszog das Fürchten zu lernen und dabei versehentlich erwachsen wird, spannend und optisch reizvoll in Szene zu setzen. Die Mischung aus Schatzinsel, Bacardi-Romantik und computeranimierten Alptraumsequenzen hält die Geschichte auf Trab und die satten Cinemascope-Aufnahmen, die Kameramann Darius Khondji ( Seven / Delicatessen ) aus dem Inselparadies einfängt, sind einfach betörend.

Martin Schwickert