Ausgerechnet Sibirien Gute Geschäfte Joachim Król als deutscher Klemmmichel in exotischer Landschaft - revisited Matthias Bleuel (Joachim Król) ist Logistiker. Er ist es gewohnt, Dinge zu bewegen. In einem Textilversandhandel organisiert er den Transport von Waren aus China nach Leverkusen und in die ganze, weite Welt. In seinem eigenen Leben bewegt sich hingegen wenig. So wenig, dass sich seine Frau (Katja Riemann) einem Salsatänzer zugewandt hat. Seitdem wohnt er allein mit einem Papagei in seinem Reihenhaus. Aber nun will ihn der Chef auf Dienstreise schicken. Nach Sibirien, wo die Firma eine Verkaufsfiliale unterhält, die eine Urkunde auf Büttenpapier und eine neue Warenwirtschaftssoftware vom deutschen Mutterbetrieb erhalten soll. Das schmeckt Bleuel gar nicht. Schließlich spricht er kein Wort Russisch und muss sich im südsibirischen Kemerov den zweifelhaften Übersetzungen des jungen Dolmetschers Artjom (Vladimir Burlakov) anvertrauen, der das trockene Logistikerdeutsch in freundliche, russische Prosa verwandelt. Ohnehin ähnelt die Filiale eher einer Marktbude und die rotwangige Besitzerin, eine ehemalige Flamme des deutschen Chefs, scheint wenig Wert auf westliche Verkaufseffizienz zu legen. Aber dann sieht Bleuel auf einem Festplatz die schurische Sängerin Sajana (Yulya Men) und zeigt sich von deren Kehlkopfgesang sehr fasziniert. Schließlich hat sich der Leverkusener Logistiker in seiner Freizeit ausführlich mit dem Schamanismus beschäftigt. In seiner Handlungsführung ist Ralf Huettners Ausgerechnet Sibirien sicherlich kein allzu origineller Filmstoff. Auch Joachim Król bewegt sich hier in seiner schauspielerischen Komfortzone und kann zum Beispiel an seine Rolle als passionierter Eisenbahnfahrer in Zugvögel anschließen. Trotzdem schaut man ihm gerne zu, weil er das Stereotyp des deutschen Pedanten, der Nachhilfe in russischer Lebenslust und schamanischer Magie bekommt, so fein nuanciert zu einer glaubwürdigen Figur ausbaut. Die Mischung zwischen Arroganz und Unbeholfenheit, mit der er als deutscher Unternehmensvertreter auftritt, gleitet bruchlos über in den verträumten Hobby-Schamanisten, der sich von der schurischen Kultur aus seinem festgefahrenen Lebensstrukturen hinweg treiben lässt. Wirklich tiefsinnig ist das nicht, aber auf eine unaufgeregte Weise unterhaltsam. Hinzu kommen die wunderschönen Landschaftsaufnahmen des südsibirischen Sommers, die immer wieder mit Motiven postsowjetischer Tristesse kontrastiert werden und die Geschichte visuell sehr reizvoll einbetten. Martin Schwickert D/RU 2012 R: Ralf Huettner B: Michael Ebmeyer, Minu Barati nach dem Roman "Der Neuling" von Michael Ebmeyer K: Stefan Ciupek D: Joachim Król, Vladimir Burlakov, Yulya Men
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