ANVIL - DIE GESCHICHTE EINER FREUNDSCHAFT

Helden-Hammer

Eine Doku über die beinahe erfolgloseste Band der Welt

Dies ist nicht Spinal-Tap 2, auch wenn der Film von Sacha Gervasi anfangs absichtlich an Rob Reiners Fiktiv-Doku über eine erfundene Band erinnert. Große Namen der Metal-Szene wie Lemy Kilmister von Motörhead oder Lars Ulrich von Metallica loben eine Band, von der die meisten wohl noch nie etwas gehört haben. Anvil - Amboss.

Der Name hallt wie ferner Donner in den Gewölben des Heavy-Metal-Museums: Anvil? Da war doch was? Genau. Anfang der Achtziger schlug eine junge kanadische Band namens Anvil mit dem Album Metal on Metal neue Töne im Hard Rock Zirkus an, härtere, schnellere, verrücktere. Sie erfanden den Thrash-Metal, brachen die Ausbildung ab, stiegen mit einer Japan-Tournee in die Gehaltsklasse von Scorpions oder Whitesnake auf und dann - dann ging es bergab.

Bandgründer Steve _Lips Kudlow, der damals in SM-Klamotten auftrat und seine Gitarre mit einem Vibrator spielte, fährt heute Essen auf Rädern aus. Sein Schulfreund Robb Reiner (nicht verwandt mit dem Rob von oben) trommelt zuweilen bei Hochzeiten und malt ruhige Landschaftsbilder. Der Rest der Band wurde dreimal ausgetauscht und alle paar Jahre bastelte man sich irgend ein Album zusammen. Irgendwie hatte Anvil den richtigen Zeitpunkt für eine Auflösung verpasst.

Dann beschloss Sacha Gervasi, ein Fan aus frühen Tagen, genauer hinzuschauen und begleitete Kudlow und Reiner über eine lange Zeit. Er fährt mit Anvil auf eine katastrophal scheiternde Europatournee, bei der man hier den Zug verpasst, sich dort mit einem Disco-Betreiber um die Gage prügeln muss oder in einer rumänischen Konzerthalle statt der erwarteten 10.000 Zuschauer ganze 174 antrifft.

Manchmal ist das lustig anzuschauen, meistens ist es eher tragisch, wie da zwei Freunde hinter ihrem Traum her rocken. Immer noch laut, aber nicht mehr ganz so wild. Und wie hin und wieder die faltigen Mitfünfziger doch noch einmal in Brand geraten. Etwa wenn sie auf ebenfalls ergraute und neidlos bewunderte Szenegrößen treffen. Oder als nach vielen Wirrungen, enttäuschenden Absagen der Plattenindustrie und mit einer Garage voller selbstfinanzierter CDs am Bein, plötzlich ein Anruf aus Japan kommt. Bei einem Altrocker-Festival ist ein Platz am Sonntagmorgen frei. Anvil fährt hin, und Gervasi macht es spannend: Wird das ein zweites Rumänien? Wird Anvil immer weiter aufrecht untergehen? Wird die Freundschaft daran zerbrechen, dass beide trotzig ihre Leidenschaft weiter treiben?

Wing

Anvil - The Story of Anvil. USA 2008. R: Sacha Gervasi K: Christopher Soos