Angèle und Tony Liebe in Gesten Alix Delaportes Regie-Debüt bewegt ohne Kitsch und Drama Es ist die erste Szene, und Angèle wird hinter irgendeiner Mauer von irgendeinem Kerl gerammelt (anders lässt es sich nicht sagen). Schnell klärt sich, wie es zu der schmuddeligen Nummer kam, denn Angèle bekommt eine Action-Figur, die sie ihrem Sohn schenken will und es ist noch nicht einmal die, die sie "bestellt" hatte. Ihr Sohn Yohan lebt bei seinen Großeltern, weil sein Vater tot ist und Angèle deshalb im Gefängnis war. Sie sagt, es sei ein Unfall gewesen und mehr wird der Zuschauer auch nie erfahren, denn eigentlich geht es um Angèle und den Seemann Tony, den sie über eine Heiratsanzeige kennenlernt. Denn ein Ehemann vergrößert ihre Chance, Yohan wieder zu sich holen zu dürfen, doch von Yohan erfährt Tony zunächst nicht. Ihr erstes Treffen verläuft katastrophal. Aber irgendetwas finden die zwei wortkargen und schroffen Menschen doch aneinander, denn Tony bietet Angèle einen Job bei seiner Mutter im Geschäft an und Angèle sagt zu. Ganz langsam entwickelt sich eine Liebe, die stark genug ist, um Angèles Vergangenheit zu akzeptieren und eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Alix Delaporte schrieb für ihren Debütfilm keine langen Dialoge, keine schwulstigen Sätze, sie brauchte noch nicht einmal den einen Satz: "Ich liebe dich." Ihre Geschichte lebt von Gesten, Mimik und Taten, das gesprochene Wort ist nur Beiwerk. Wenn Grégory Gadebois als Tony kommentarlos das Gästezimmer verlässt, aus dem Angèle ihm in sein Zimmer folgt, wo er ihr einige Fächer in seinem Schrank freiräumt - das sind kleine Gesten mit großer Bedeutung. Gerade weil, Angèle und Tony ihre Gefühle nicht aussprechen, gerade weil sie introvertiert und unbeholfen sind und gerade weil sie nicht atemberaubend schön sind, müssen ihre Darsteller wirklich schauspielern können, um die Protagonisten zum Leben zu erwecken - und sie können schauspielern. Die karge Küste der Normandie, ein ebenso karger Seemann und eine einsame Frau, die für ihre Zukunft kämpfen muss - daraus hätte eine schnulzig-dramatische Romanze entstehen können. Aber stattdessen ist Angèle und Tony eine einzigartig schlichte und unaufgeregte Liebesgeschichte ohne Kitsch und Hysterie, einfach und grandios. Janne Hiller FR 2010. R & B: Alix Delaporte K: Claire Mathon D: Clotilde Hesme, Antoine Couleau, Grégory Gadebois, Evelyne Didi
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