ADAM

Ohne Konvention

Eine Liebeskomödie über eine emotionale Behinderung

Adam (Hugh Dancy) redet nicht viel, außer wenn er über die Sterne und die Weiten des Weltalls zu erzählen beginnt. Dann hört er nicht mehr auf, erklärt, warum sich der Kosmos schneller als die Lichtgeschwindigkeit bewegt, stapelt sein Wissen zu meterhohen Faktenbergen vor den Zuhörern auf, bis diese vor Erschöpfung kapitulieren. "Irgendwie süß" findet Beth (Rose Byrne) ihren neuen Nachbarn mit dem Sternentick. Ein bisschen schüchtern vielleicht, scheu, manchmal auch verstockt wirkt der junge Mann, der den direkten Blickkontakt meidet und mit den Kennenlern-Ritualen nicht vertraut zu sein scheint.

Gerade als Beth denkt, dass der Eigenbrötler ein wenig verklemmt ist, gesteht Adam ihr in vollkommen nüchternem Ton eine gewisse sexuelle Erregung, was die Nachbarin so genau nun auch wieder nicht wissen wollte. Aber Adam hat keine Ahnung, was andere Menschen wissen wollen und was nicht. Er leidet am so genannten Asperger-Syndrom - einer leichteren, abgewandelten Form von Autismus.

Als er das Beth gesteht, wendet sie sich nicht von ihm ab. Die Ehrlichkeit, mit der Adam seine Bedürfnisse formuliert, seine kompromisslose Direktheit im menschlichen Umgang faszinieren Beth, nachdem sie in ihrer vorherigen Beziehung gründlich belogen und betrogen wurde.

Langsam entspinnt sich zwischen den beiden so eine Art Liebe. Aber wie liebt man jemanden, der sich nicht in einen hinein versetzen kann, der einem nie ein Kompliment macht und bis zur Schmerzgrenze ehrlich ist?

So richtig findet Max Mayers Adam darauf auch keine Antwort - und das ist gut so. Aber er schaut den beiden beim Experimentieren zu. Die kleinen Erfolge und das große Scheitern inbegriffen.

Ohne ihn zu instrumentalisieren, verweist der Film durch seinen autistischen Helden auf die Macht der alltäglichen Konventionen, die den gesellschaftlichen Umgang und auch das Gefühlsleben bestimmen - ein Code, der für Adam trotz aufrichtiger Bemühungen nicht zu knacken ist. Immerhin schafft er es durch stetiges Training ein Vorstellungsgespräch erfolgreich zu absolvieren, auch wenn die Liebesbeziehung ohne Empathievermögen letztendlich nicht tragfähig ist.

Wirklich tief dringt der Film nicht in die Wahrnehmungswelten seines emotional behinderten Helden ein. Da hat Nic Balthazars Ben X deutlich bessere Aufklärungsarbeit geleistet. In Adam spürt man sehr deutlich die Angst der Filmemacher, die Zuschauer zu vergraulen. Ein bisschen weniger Empathie gegenüber dem Publikum hätte dem Film ganz gut getan.

Martin Schwickert

USA 2009 R&B: Max Mayer K: Seamus Tierney D: Hugh Dancy, Rose Byrne, Frankie Faison