8 FRAUEN

Zickenterror

Frankreichs größte Diven in einem vergnüglichen Krimi

Eigentlich wollte der französische Filmemacher François Ozon die Rechte für ein Remake von George Cukors Divenklassiker Die Frauen erwerben. Aber da waren ihm Julia Roberts und Meg Ryan schon zuvor gekommen. Dann stieß er auf ein in Vergessenheit geratenes Theaterstück von Robert Thomas aus den 60er Jahren mit ausschließlich weiblichen Hauptrollen.
Danielle Darrieux, Catherine Deneuve, Fanny Ardant, Firmine Richard, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Virginie Ledoyen und Ludivine Sagnier - allein die Besetzungsliste liest sich schon wie eine generationsübergreifende Reise durch die französische Kinogeschichte. Dass aus aus soviel geballter Starpower kein Ballast der Eitelkeiten wird - dafür sorgt Ozons leichtfüßige Regie, die das Divenspektakel kunstvoll zwischen derben Boulevard und intellektueller Vergnüglichkeit aufspannt.
Die Story ist schnell erzählt. Die ganze Familie, die bis auf den Hausherren komplett dem weiblichen Geschlecht angehört, trifft sich auf dem geräumigen Landsitz, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. Als am Morgen der Hahn im Korb tot im Bett aufgefunden wird, beginnt die Suche nach der Täterin. Die Telefonleitungen sind gekappt, das Anwesen ist eingeschneit, das einzige Auto springt nicht an. Hilfe von außen ist nicht zu erwarten. Die Damen beginnen mit einem kollektiven Ermittlungsverfahren. Schnell wird klar, dass in der Mordnacht reges Treiben auf den Korridoren herrschte und jede der Anwesenden undurchsichtige Beziehungen zum Hausherren unterhielt. Die Gattin des Ermordeten (Catherine Deneuve) fühlt sich schon lange nicht mehr an ihr Eheversprechen gebunden, das Dienstmädchen (Emmanuelle Béart) trägt das Tablett allzu kokett, und selbst die niedliche Tochter (Virginie Ledoyen) ist nicht so unschuldig, wie es ihr rosafarbenes Kostümchen vermuten lässt.
Überhaupt Kostüme: der ganze Film spielt in nur einem Raum, aber allein die Garderobe ist ein Universum für sich. Isabelle Huppert, die die ledige Schwägerin mit verkniffener Hingabe spielt, hat einen grandiosen ersten Auftritt im rotkarierten Morgenmantel. Fanny Ardant als ehemalige Cabaret-Tänzerin und Schwester des Ermordeten raubt in ihrem enganliegenden schwarzroten Kleid dem Publikum nachhaltig den Atem. Immer wieder tun sich neue Gräben und Allianzen zwischen den Rivalinnen auf. Da wälzen sich Catherine Deneuve und Fanny Ardant zankend auf dem Boden, bis sich der Streit in ungestüme Leidenschaft verwandelt. Alles ist möglich in diesem unorthodoxen Murder-Mistery, das den Geist der Agatha-Christie-Filme mit den Musicals der 50er Jahre und den Melodramen von Douglas Sirk ganz unverkrampft verquirlt.
Schon in Tropfen auf heiße Steine hatte Ozon sein Gespür für Retro-Chic unter Beweis gestellt. In 8 Frauen schwelgt er mit knatschbunten Innendekors in den Technicolor-Farben der 50er Jahre. Das alles natürlich nur um den Glanz seiner acht Diven zu erhöhen, die ihr Leinwand-Image immer wieder lustvoll konterkarieren. Der Sommer mag noch so lau und sonnig werden - diese 8 Frauen sollte man keinesfalls verpassen.

Martin Schwickert

F 2002 R&B: François Ozon nach einem Theaterstück von Robert Thomas K: Jeanne Lapoirie D: Catherine Deneuve, Fanny Ardant, Virginie Ledoyen