Schifferklavier. Ziehharmonika. Quetschkommode. Das Akkordeon hat viele Namen. Vielleicht weil es so ein volkstümliches Instrument ist. Lange Zeit wurde es nur mit rührseligen Shantys oder schuhplattnernder Volksmusik in Verbindung gebracht. Aber spätestens der argentinische Tango-Virtuose Astor Piazzolla hat gezeigt, dass das Akkordeon mehr kann als das. Bei kaum einem anderen Instrument liegen Melancholie und Frohsinn so dicht beieinander. In seiner Dokumentation Accordion Tribe versucht nun der schweizer Filmemachers Stefan Schwietert, die ganze musikalische Bandbreite der Ziehharmonika zugänglich zu machen. Accordion Tribe nennt sich eine Gruppe von fünf Akkordeonspielern aus Österreich, Slowenien, Schweden, Finnland und den USA, die sich aus sehr unterschiedlichen Richtungen das Blasebalg-Instrument angeeignet haben. Bratko Bibic aus Slowenien hat sich als Post-68er-Hippie gegen die volksmusikalische Stigmatisierung gestemmt. Der Amerikaner Guy Klucevsek hingegen begab sich als Nachfahre von Exil-Slowenen mit dem Schifferklavier auf die Suche nach den eigenen kulturellen Wurzeln. Für den blinden Otto Lechner aus Wien, der sich als Autodidakt zum begnadeten Jazz-Akkordeonisten ausgebildet hat, war das Instrument immer auch eine Überlebenshilfe. Maria Kalaniemi ist fest mit der Volksmusiktradition ihres finnischen Heimatlandes verwurzelt und der Schwede Lars Hollmer sinniert über die Volksmusik als gesunkenes Kulturgut. Schwietert, der mit dem Klezmer-Film A Tickle in My Heart bekannt wurde, begleitet die Musiker auf einer Tournee durch Europa und in ihre jeweiligen Heimatorte. Dabei werden die ironischen Kommentare des Österreichers Lechner zum roten Faden durch die Musikdokumentation, in der die Künstler über ihr Instrument und über die Entstehungsbedingungen ihrer Kompositionen sinnieren. Stimmungsvolle Landschaftsbilder vor allem aus Skandinavien ergänzen die äußerst konzentriert und wohltuend kontemplativ geschnittenen Konzertaufnahmen.