5x2
Stationen der Liebe
Francois Ozon erzählt eine Ehe rückwärtsDie ewige Liebe ist eine Illusion, die im Kino sehr ausdauernd beschworen wird. Francois Ozon hingegen beschäftigt sich in 5x2 mit ihrer Vergänglichkeit. Fünf Episoden aus dem Leben eines jungen Ehepaares: Kennenlernen, Hochzeit, Geburt des Kindes, Besuch der Verwandtschaft, Scheidung - Stationen einer Ehe, die Ozon gegen den Strich bürstet und in umgekehrter Reihenfolge in Szene setzt.
Es beginnt mit der Scheidung. Nüchtern liest der Notar den Eheauflösungsvertrag vor. Wenig später sieht man Marion (Valéria Bruni-Tedeschi) und Gilles (Stéphane Freiss) nebeneinander in einem Hotelbett bei dem vergeblichen Versuch, sich noch ein letztes mal nahe zu kommen. Eine Szene von verzweifelter Intensität, die einen unmittelbar in das Gefühl der Beklemmung katapultiert. Gleichzeitig wird ein brennendes Interesse an den Figuren freigesetzt, weil man herausfinden möchte, wie die beiden an diesen Punkt ehelicher Selbstzerstörung gekommen sind.
Immer neue Aspekte der Zweierbeziehung werden angeklickt, ohne dass daraus zwangsläufig Erklärungen entstehen. Wenn Gilles schwuler Bruder mit seinem Lover zu Besuch kommt, erzählen die beiden vom freien, treulosen Leben in der Homo-Szene, und auch Gilles weiß von einer Orgie zu berichten, an der er mit seiner Frau teilgenommen haben will. Ob es sich dabei um die Wahrheit handelt oder um eine angeberische Fantasie, lässt der Film offen. Ebenso unklar bleibt es, warum Gilles nicht bei der Geburt seines Kindes dabei sein will oder warum Marion sich in der Hochzeitsnacht mit einem amerikanischen Touristen vergnügt.
Ozon sucht nicht nach Gründen. Es geht um Taten und Konsequenzen, um die Risse in der Glasur, die eine Beziehung zerbrechen lassen.
Ozons Gabe als Regisseur ist es, auf seine Figuren mit psychologischer Präzision zu blicken und ihnen gleichzeitig genug Ambiguität zu verleihen, dass sie im Kopf des Publikums ihr eigenes Leben entwickeln. Am Schluss steht der Anfang. Gehen wir schwimmen?, fragt Gilles und beide laufen ins abendrote Meer hinein. Ein Kitschbild, ironisch überzeichnet. Und trotzdem ein Happy End, weil die beiden in der Fantasie des Zuschauers vielleicht doch eine neue Chance bekommen.
Martin Schwickert
F 2004 R: Francois Ozon B: Francois Ozon, Emmanuele Bernheim K: Yorick Le Saux D: Valeria Bruni-Tedeschi, Stéphane Freiss, Géraldine Pailhas
|