»THE 4TH FLOOR«

Nachbar-Terror

Juliette Lewis hat Ärger mit den Mitbewohnern

Mit den Nachbarn ist es wie mit den Kollegen. Man kann sie sich nicht aussuchen und sie können einem das Leben zur Hölle machen. Die Möglichkeiten nachbarschaftlichen Psychoterrors sind vielfältig und nicht erst seit Roman Polanskis Rosmaries Baby ist das Eindringen des Nachbarn in die Privatsphäre Ausgangspunkt für nervenzerrüttende Horrorfantasien. Regiedebütant Josh Klausner knüpft mit The 4th Floor an diese Traditionen an, und wer sich gerade mit Umzugsplänen beschäftigt, sollte den Kinobesuch vielleicht noch einmal überdenken.
Die junge Innenarchitektin Jane (Juliette Lewis) übernimmt allein die Wohnung ihrer kürzlich verstorbenen Tante im fünften Stock eines alten Mietshauses. Ihr Lebensabschnittsgefährte Greg (William Hurt), der beliebteste Wettermann des amerikanischen Fernsehens, zeigt sich darüber wenig erfreut, weil damit alle Hoffnungen auf ein geregeltes Eheleben in der Vorstadt schwinden. Glücklich über die ersten eigenen vier Wände beginnt Jane mit dem Möbelrücken, was mit energischem Protestklopfen aus der unteren Etage beantwortet wird. Im vierten Stock lebt eine alte Dame, die die Wohnung nicht mehr verlässt und auch auf Janes Verständigungsversuche nicht reagiert. Statt dessen findet Jane allmorgendlich scharf formulierte Warnzettel an ihrer Tür und schließlich sogar einen detailliert ausgearbeiteten Verhaltenskatalog. Die anderen Hausbewohner sprechen rätselhafte Prophezeiungen aus, der Nachbarschaftskrieg entwickelt sich schon bald zum rabiaten Überlebenskampf.
Juliette Lewis Jane hebt sich wohltuend von all den hysterischen Frauenfiguren des Horror-Genres ab, die immer dazu verdonnert sind, kreischend in die falsche Richtung zu flüchten, um im Nachthemd hilflos zitternd auf ihren Schlächter zu warten. Jane begegnet dem Nachbarschaftsterror mit kämpferischem Pragmatismus, tut, was zu tun ist, und steigt schließlich selbst die Feuerleiter hinunter, um dem Geheimnis des vierten Stocks auf die Spur kommen. Als moderne emanzipierte Heldin bewegt sich Juliette Lewis absolut glaubwürdig durch das fast schon altmodische Horror-Szenario.
Klausners The 4th Floor begrenzt den Blutzoll auf ein Minimum, zieht nach einem etwas schleppenden Auftakt die Spannungssschraube langsam aber genüsslich an und entwickelt sich zu einem soliden Unterhaltungsstück für Freunde des gepflegten Gruselkinos.

Martin Schwickert