28 WEEKS LATER
Leeres London
Das Sequel schließt auch qualitativ nahtlos an den Vorgänger an
Den BSE-Skandal weiterdenkend, hatten Regisseur Danny Boyle und sein Drehbuchautor Alex Garland in 28 Days Later die britische Insel mit einem Wut-Virus infiziert, der die höflichen Bürger des Vereinigten Königreichs mit rasender Geschwindigkeit in blutdurstige Zombies verwandelte. Im Sequel 28 Weeks Later, das Boyle und Garland bei dem begabten spanischen Nachwuchsregisseur Juan Carlos Fresnadillo in Auftrag gegeben haben, wird nun ein post-apokalyptisches Szenario entworfen, das der hippen Metropole London ein morbides Denkmal setzt.
Schon der Vorgängerfilm brillierte mit Einstellungen aus der menschenverlassenen Millionenstadt, verlagerte das Geschehen aber bald hin zu weniger kostspieligen, ländlichen Locations. Fresnadillo hingegen kostet die Motive der durch das tödliche Virus leergefegten Metropole auf ganzer Filmlänge aus.
Nach 28 Wochen sind die meisten Zombies an den Folgen der Infektion gestorben. Die US-Armee hat die Kontrolle über die britische Insel übernommen und beginnt getreu ihres weltpolizeilichen Auftrages mit der Rekolonisierung des Landes.
Auf der Londoner "Isle of Dogs" haben sie eine "grüne Zone" eingerichtet, in die die nicht-infizierten Flüchtlinge verbracht werden. Hier nimmt Don (Robert Carlyle) seine Kinder in Empfang, die sich, als die Seuche ausbrach, auf Klassenfahrt im sicheren Spanien aufgehalten haben, während die Eltern zu Hause um ihr Überleben kämpften. Don verschweigt den Kindern, dass er ihre Mutter auf der Flucht vor einem Zombieangriff wenig heldenhaft zurückgelassen hat.
Schon am zweiten Tag brechen Bruder und Schwester aus der sicheren Zone aus und machen sich durch die verlassenen, verwüsteten Straßen auf den Weg zu ihrem alten Haus. Dort finden sie ihre Mutter, die als Einzige trotz Infizierung überlebt hat. Die US-Army-Ärztin Scarlet (Rose Byrne) sieht in der Überlebenden die Hoffnung, die Gene für einen Antivirus ausfindig zu machen. Ihre Vorgesetzten hingegen fürchten die Gefahr einer Reinfizierung.
Als das Virus wieder ausbricht, verliert die Schutzmacht schnell die Kontrolle über die grüne Zone. Von den Hochhäusern beginnen Scharfschützen mit dem systematischen Beschuss auf alle Bewohner.
28 Weeks Later spart nicht mit Analogien zum Irakkrieg, ohne die zeitgeschichtlichen Assoziationen zwanghaft zur politischen Metapher auszubauen. Ebenso deutlich wie die vernichtende Logik der Sicherheitskonzepte und das weltpolizeiliche Versagen der US-Streitkräfte im Krieg gegen den Zombieterror veranschaulicht werden, verweist 28 Weeks Later auch auf das individuelle, menschliche Versagen angesichts einer tödlichen Gefahr innerhalb der vorgeführten Familienstruktur.
Regisseur Fresnadillo entwickelt ein sicheres Gespür für den visuellen Rhythmus der Geschichte und handhabt die hektischen Gewalteinbrüche genauso souverän wie die Poesie, die die gespenstischen Bilder aus der postapokalyptischen Metropole vermitteln. Das britische Tourismusbüro mag anderer Meinung sein - aber lange hat London im Kino nicht mehr so schaurigtraurigschön ausgesehen.
Martin Schwickert
GB/Sp 2007 R: Juan Carlos Fresnadillo B: Rowan Joffe, Juan Carlos Fresnadillo, E. L. Lavigne, Jesus Olmo K: Enrique Chediak D: Robert Carlyle, Rose Byrne, Jeremy Renner
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