17 Mädchen Ganz viel schwanger Eine Mädchenclique will raus aus dem Alltagselend Hier ist immer nur am Wochenende etwas los" beklagt sich eines der Mädchen, die nach der Schule wieder einmal im Schnellrestaurant zwischen Pappbechern und Kunststofftabletts um den Tisch herumlungern, weil in dem krisengeschüttelten Küstenort in der Bretagne schon lange der Hund begraben ist. Aber das würde sich für Camille (Louise Grinberg) ja bald ändern. "Das könnt ihr auch" entgegnet die Anführerin der Mädchenclique, die seit kurzem schwanger ist, mit einem verschwörerischen Blick in die Runde. Schon am nächsten Wochenende gehen die Freundinnen in voller Kriegsbemalung auf eine Party, wickeln die Jungs einem nach dem anderen um den Finger und lassen sich von ihnen schwängern. In ihrem Spielfilmdebüt 17 Mädchen nehmen die französischen Filmemacherinnen Delphine und Muriel Coulin einen Vorfall im US-Bundesstaat Oregon zum Ausgangspunkt für eine ebenso humorvolle wie sensible Studie über das weibliche Teenagerdasein an der Schwelle zum Erwachsenwerden: siebzehn Schülerinnen eines Gymnasiums im Alter von sechzehn Jahren wurden gemeinsam schwanger. Die Geschwister Coulin haben die Geschichte in ihre Heimatstadt Lorient verfrachtet. In jedem Bild erkennt man die Vertrautheit der Filmemacherinnen mit der krisengeschüttelten Hafenstadt und der rauen maritimen Landschaft. Und Vertrautheit zeichnet auch ihren Blick auf den Seelenzustand der Sechzehnjährigen aus, die sich hinwegsehnen aus diesem unwirtlichen Ort. Dazu wollen die Teenager möglichst schnell erwachsen werden und die Schwangerschaft scheint dafür der beste Weg. Eltern und Lehrer sind perplex und werfen den Mädchen vor, die Konsequenzen ihres Tuns nicht überblicken zu können. Aber die wollen sich ihr Leben nicht von den verängstigten Erwachsenen vorschreiben lassen, die sich aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit vor der Zukunft fürchten. "Ein Mädchen, das träumt, kann niemand aufhalten" heißt es in kämpferischer Poesie am Schluss des Filmes. Und träumen können sie: Von einer gemeinsamen Wohnung, in der sie alle mit ihren Kindern leben wollen, von einem anderen, freieren Geist, in dem sie ihre Söhne und Töchter erziehen wollen, von einem Leben, in dem sie alles besser machen, als die in ihren Sorgen erstarrten Eltern, von einer Zukunft ohne Vorschriften, zu der sie sich mit der Schwangerschaft ermächtigen. 17 Mädchen erzählt von der Gnadenlosigkeit, mit der Jugendliche ihre Väter und Mütter zu durchschauen glauben, und spiegelt diese mit deren eigenen, utopischen Vorstellungen von Mutterschaft. Auf dem Schulhof, an verwehten Stränden, auf Spielplätzen, in einem verlassenen Wohnwagen finden sich die Mädchen zusammen, um sich gemeinsam hinwegzuträumen oder einfach nur Party zu machen. Der Film zeigt den Zusammenhalt innerhalb des Schwangerschaftspaktes genauso wie die kleinen Kämpfe und die Einsamkeit, die die Mädchen in den eigenen Kinderzimmern angesichts ihres anschwellenden Bauches überfällt. Dass am Ende vieles so kommt, wie die pessimistische Erwachsenenwelt es vorausgesagt hat, wird in einem Schlusskommentar aus dem Off nur angedeutet. Den Prozess der Ernüchterung überlassen die Filmemacherinnen dem Realismusvermögen des Publikums. Ihnen geht es um die Betrachtung eines weiblich-jugendlichen Lebensgefühls, in dem das Selbstbewusstsein so schnell wächst, dass die eigene Welt einfach zu klein wird. Martin Schwickert 17 Filles F 2011 R&B: Delphine und Muriel Coulin K: Jean-Louis Vialard D: Louise Grinberg, Juliette Darche, Roxane Duran
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