11:14

Rumms rückwärts
Noch ein falschherum erzählter Film

Nachts, in einer der verschlafensten Kleinstädte Kaliforniens: Ein junger Mann fährt arglos die Landstraße entlang, als er plötzlich eine aus dem nichts auftauchende Gestalt rammt. Dummerweise gibt es direkt eine Zeugin, die sofort die Polizei alarmiert - das Unglück nimmt seinen Rückwärtslauf. Denn was hier in der ersten Szene passiert, ist gleichzeitig das Ende einer ereignisreichen Nacht mit zwei Crashs und diversen Unfallopfern.
In der noch gar nicht so alten Tradition der Verkehrung chronologischen Erzählens rollt Regisseur und Drehbuchautor Greg Marcks seine fünf Episoden von hinten auf - was vom Zuschauer einiges an logischem Denkvermögen fordert. Aber wer bis zum Schluss durchhält, wird belohnt; denn wie bei ähnlich gestrickten Filmen à la Memento oder 21 Gramm löst sich am Schluss alles auf, wenn auch nicht in Wohlgefallen.
So erfährt man erst am Ende, warum Frank (Patrick Swayze) auf einem Friedhof den Autoschlüssel seiner verschollenen Tochter Cheri (Rachel Leigh Cook) findet und was für ein durchtriebenes Luder diese Cheri ist. Außerdem in die Geschichte verwickelt: Cheris verzweifelter Freund, der seine etwas dümmliche Kollegin (Hilary Swank mit Zahnspange) dazu überreden will, die Tankstelle, in der beide arbeiten, auszurauben.
Zeitgleich begeben sich ein paar Freunde auf Sauftour und halten Alkohol am Steuer für keine große Sünde, was bald zum zweiten Unfall führt. Was beide Unfälle gemeinsam haben: beidesmal springt die Radiouhr auf 11:14, kurz bevor es kracht.
Als Beweis dafür, dass alle fünf Schicksale miteinander verwoben sind, wird am Anfang jeder Rückblende die Zeit angezeigt, jeweils gefährlich nah am Todeszeitpunkt. Das wirkt bisweilen zwar arg konstruiert, aber spannender und interessanter, als den Film etwa streng chronologisch ablaufen zu lassen, ist das allemal.
Auch wenn die Dialogwitze manchmal etwas abgeschmackt wirken; der leicht lakonische Humor steht dem Film nicht schlecht. Hilary Swank, die auch an der Produktion beteiligt war, gibt die einfach gestrickte White Trash-Lady überzeugend, und Patrick Swayze zog sich sogar einen 20 Kilo schweren Fatsuit über, um den besorgten Familienvater glaubwürdiger aussehen zu lassen. Um 11:14 zum Meisterwerk zu ernennen, fehlen leider noch ein paar originelle Ideen, interessantere Charaktere und eine etwas abwechslungsreichere Kulisse. Aber angucken lohnt sich: nebenan hört mans förmlich in den Köpfen rattern, und der Aha-Effekt zum Schluss entschuldigt kleine Patzer großzügig.

Michaela Sommer
USA 2003. R + B: Greg Marcks. K: Shane Hurlbut. D: Hilary Swank, Patrick Swayze, Rachel Leigh Cook, Colin Hanks.