Dick Tracy Warren Beatty als Comic-Detektiv Seit fast 60 Jahren läuft er als Comic-Detektiv auf amerikanischen Zeitungsseiten herum, seit fast 40 Jahren ist er nicht mehr auf Leinwand oder Bildschirm gewesen, und nun schickt sich der älteste Überlebende der Prä-Pop-Kultur an, dem jüngst im europäischen Kino lang hingeschlagenen Batman eine abschließende rechte Gerade zu verpassen. Und hält sich dabei überhaupt nicht mit postmodernem SchnickSchnack auf. In diesem Classic-Comic zwinkert keiner mit den Augen, hängen keine Kreuz- und Querverweise in den Bildern, zerplatzen die flachen Charaktere nicht an semantischer Dekompression - hier sind die Zimmer so leer wie in den Gemälden von Hopper, hier ist alles (fast) so, wie es in hunderten von Plots schon gewesen ist, und doch sieht alles aus wie zum ersten mal erzählt - mit Stil- statt Zitations-Willen. Und einer heutzutage ungewohnten Klarheit in der Linienführung, sowohl beim Aufbau der einzelnen Szenen, als auch bei den Kulissen. Auf faszinierende Weise verbindet sich dabei die Präzision im Detail mit einer völlig diffusen Situierung. Kein Zeichen verweist auf zeitlich oder räumlich bestimmbare Realität, auf der Bierflasche steht nur "Bier", die Bar heißt nur "Bar", die Autos haben keine Nummerschilder ... bis in die nur mit Primärtönen arbeitende Farbgebung hinein ist alles so einfach und überschaubar, und damit um so rätselhafter, gehalten wie möglich. Dazu paßt, daß in die Auseinandersetzung zwischen dem rechtschaffenden Dick und dem herrlich schief und falsch mit Unterwelt-Grandezza Nietzsche zitierenden Big Boy eine Gestalt ohne Gesicht eingreift, die die Kämpfe des Polizisten gegen das Verbrechen einer- und gegen die moralischen Anfechtungen durch eine Variete-Sängerin andererseits zu einem schönen Knoten schürzt. Durch diesen völlig theatralischen Konflikt und unter der polierten, künstlichen Oberfläche bewegen sich viele bekannte Gesichter mit stets einen Tick zu dick aufgetragenen Masken und viel prallem, komödiantischen Spaß. Sogar der Nicht-Schauspieler Beatty (man erinnert sich ungern an Ishtar) gibt den law-and-order Dick gut, nämlich genau so hölzern und unbeholfen in den Dingen des Lebens, wie der gelbe Ritter (wegen seines evtl. trendsettenden gelben Burburry-Mantels) schon immer war. Madonna singt sehr famos, Al Pacino macht den Mobster mit Capone-Charme, Dustin Hoffman ist unter der Maske nicht zu sehen und als Murmler nicht zu verstehen ... was will man mehr? Sogar Tracys Dauerverlobte Tess Trueheart hat am Ende ein Einsehen und hält ihren Herz-Bullen nicht mehr vom Einsatz ab, wenn das Armbandfunkgerät ruft. Umgekehrt sollt sich niemand davon abhalten lassen, daß der Film deutlich weniger gewalttätig ist, als der originale Chester Goulds Strip, und daß Beatty sich nicht so stiernackig und kinneckig schminken ließ, wie sein papiernes Vorbild. Das hätte der Ernsthaftigkeit und Ehrfürchtigkeit geschadet, mit der er an seinen neo-klassischen Comic heranging. In dem dürfen nur die Üblen äußerlich erkennbare Karikaturen sein. Die Guten sehen dankenswerterweise alle aus, als hätten Norman Rockwell und Andy Warhol zusammen eine Humphrey-Bogart-Serigrafie aufgelegt. -w-
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