MIDNIGHT MOVIES
Schund & Kult
Die Dokumentation zum Spätfilm-Phänomen der Siebziger
Es war einmal, zu einer Zeit, als es im Kino noch Platzanweiser gab und die Postmoderne noch nicht erfunden war. Damals wollte ein größenwahnsinniger Mexikaner unbedingt einen amerikanischen Western drehen. Das Ergebnis wollte aber niemand sehen, weil er zu gewalttätig war, zu versponnen, und zu ironisch. Nur ein Schmuddelkino traute sich, den Film in einer Mitternachtsvorstellung einzusetzen. Er sprach sich herum, die Vorstellungen wurden voller, Alejandro Jodorowskys El Topo wurde ein Phänomen.
Die Dokumentation Midnight Movies geht diesem Phänomen nach. In langen Ausschnitten und Interviews mit Regisseuren, Kritikern und Kinobesitzern werden Filme vorgestellt, die etwa ab Mitte der 70er auch in deutschen Programmkinos Furore machten. Wie etwa die dicke Drag Queen "Divine" in Pink Flamingos Hundescheiße aß, wie die Zombies in der Nacht der lebenden Toten Horror als Gesellschaftskritik salonfähig machten oder wie The harder they come Haschisch in die Blaxploitation schmuggelte.
Etwas kürzer kommt Reefer Madness weg, eine ursprünglich ernst gemeinte Warnung vor den Gefahren des Marihuana-Konsums, die nach Mitternacht johlende Fans fand. Damals wurde man schon vom Kartenabreißen high, erinnern sich Platzanweiser wehmütig.
Das Ende des Rand-Phänomens kam mit der Rocky Horror Picture Show. Aus einem schlüpfrigen Einmal-Singspiel für die Weihnachtsfeier einer Filmfirma wurde ein Musical. Das scheiterte am Broadway katastrophal, aber trotzdem gab ein großes Studio Geld, um daraus einen geplanten Midnight-Hit zu machen. Auch das ging schief. Erst als die Fans das Mitsingen und Mitspielen erfanden, platzte der Knoten und Rocky Horror wurde Kult.
Ein Kultfilm aber ist kein Midnight-Movie mehr. Außerdem absorbierte der etablierte Betrieb inzwischen abweichende Filme im Zielgruppen-Marketing, Ironie wurde Mainstream, und das Nachtpublikum entpuppte sich als weniger avantgardistisch als es von sich selber dachte. Eraserhead, der letzte Film in der Dokumentation, war ein Flop. Der Regisseur David Lynch aber blieb der einzige, der eine große Karriere machte. Und Reefer Madness wurde jüngst von der Industrie remaked.
WING
Midnight Movies. Der Film über die schockierendsten, grusligsten, kultigsten, lustigsten, widerlichsten Filme der 70er Jahre.
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