VON LÖWEN UND LÄMMERN

Eiertanz

In »Operation: Kingdom« und »Von Löwen und Lämmern« gibt sich Hollywood selbstkritisch. Und niemand will´s sehen.

Dass das liberale Amerika sich so selten durchsetzt, mag auch daran liegen, dass es so betulich daherkommt. Matthew Michael Carnahan hat die Drehbücher zu zwei der neueren US-Produktionen geschrieben, die sich mit der aktuellen US-Außenpolitik auseinandersetzen: The Kingdom und Von Löwen und Lämmern . Und beide Filme vollziehen einen Eiertanz, um bloß niemandem auf die Zehen zu treten.
Operation: Kingdom spielt in Saudi-Arabien, wo böse Bombenleger ein Camp mit US-Amerikanern in die Luft jagen. Die Araber sind natürlich zu blöd, um in solch einem Fall selbst zu ermitteln, weshalb Jamie Fox und sein Team von FBI-Ermittlern aus den USA eingeflogen werden und den Kameltreibern mal kurz zeigen, was Forensik ist. Zwar hat der Film die heute üblichen selbstkritischen Untertöne (ein saudischer Ermittler wird von der eigenen Bürokratie ausgebremst, ganz so wie sein FBI-Kollege, und das FBI-Team lernt, dass nicht alle Araber tumbe Bombenleger sind; wow!), aber am Ende stürzt sich Regisseur Peter Berg in eine Action-Orgie, in der alle Denk-Ansätze im Krawall der (zugegeben: großartigen) Stunts versinken. Im Regie-Kommentar und den Special erzählt Berg, dass das genau so gedacht war. Der intellektuelle, eher leise Anfang des Films dient nur dazu, es hinterher um so effektvoller krachen lassen zu können. Logisch auch, dass wir nie erfahren, wer die Bombenleger waren. Im Kino sind die Bin Laden-Anhänger inzwischen das, was in schlechten Western die Indianer waren: einfach da, ziemlich böse und störend für die Zivilisation des weissen Mannes.
Noch verquaster geht es in Von Löwen und Lämmern zu. Hier labert ein Republikaner-Senator eine Journalistin schwindelig (Meryl Streep spielt hinreißend, Tom Cruise wunderbar böse; dass Cruise sein Bestes gibt, liegt nahe, denn seine Firma United Artists produzierte diesen Film). Der Haken: Das Gespräch hat kein richtiges Ziel, es werden nur noch einmal die gängigsten Argumente für und wider den "war on terror" ausgetauscht. Währenddessen verrecken zwei Freiwillige in Afghanistan.
Von Löwen und Lämmern zeigt, dass die aktuelle Diskussion nicht völlig an Hollywood (und Cranahan) vorbeigegangen ist. Aber wie man aus dem Desaster der US-Außenpolitik eine spannende und kluge Geschichte baut, ist seit Syriana noch keinem Regisseur eingefallen. Auch Robert Redford übrigens nicht, dessen Regie bei Von Löwen und Lämmern zum kraftlosesten gehört, was das Polit-Kino in den letzten Jahren zu bieten hatte. Beide Filme wurden denn auch gerechterweise an der Kinokasse umgehend versenkt.

Victor Lachner

The Kingdom USA 2007 R: Peter Berg B: Matthew Michael Carnahan K: Mauro Fiore D: Jamie Foxx , Chris Cooper, Jennifer Garner. Extras: 2 Making Of-Features, Regiekommentar, historische Hintergrüde als animiertes Menüe.
Lions for Lambs. USA 2007. R: Robert Redford. B: Matthew Michael Carnahan. K: Philippe Rousselot. D: Tom Cruise, Meryl Streep, Robert Redford, Peter Berg. Extras: 2 Making of, History of UA