IM GLASKÄFIG

Alter Nazi, junger Bursche

Ein spanischer Horrorfilm kommt 20 Jahre nach Erscheinen vom Index

Eine alte Jugendstilvilla an der Küste Spaniens, von Zivilisation weitestgehend abgeschirmt, dient dem ehemaligen KZ-Arzt Klaus mit Frau Griselda und Tochter Rena als Unterschlupf. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Arzt, der im Konzentrationslager schreckliche Versuche an kleinen Jungen durchgeführt und sie missbraucht hat, ins Exil gegangen. Doch seine perversen und sadistischen Neigungen hat er auch dort nicht unter Kontrolle halten können. Weiterhin hat er Jungen gequält und ermordet.
Nach einem Sturz von der Klippe muss Klaus den Rest seines Lebens in der eisernen Lunge fristen. Plötzlich taucht ein junger Mann namens Angelo auf, der sich als Krankenpfleger aufdrängt. Auf Verlangen ihres Mannes stellt Griselda ihn ein.
Angelo weiß über Klaus bescheid und beginnt ein perfides Spiel. Er demütigt Klaus, bringt ihm aber gleichzeitig eine schwer nachvollziehbare Bewunderung für seine vergangenen Gräueltaten entgegen und scheint regelrecht besessen von ihm. Immer mehr verliert er seine eigene Persönlichkeit und steigert sich in einen grauenvollen Wahn, der den Übergang vom Opfer zum Täter verdeutlicht.
In dem kontroversen Horrorstreifen von Regisseur Agustí Villaronga, der nach seinem Erscheinen 1987 lange Zeit auf dem Index stand, werden Abgründe der menschlichen Seele aufgetan, die für den Zuschauer nicht leicht zu verdauen sind. Mit Beginn des Films wird man in einen Albtraum hineingezogen, der nicht enden will, und genau dieses Nicht-Enden-Wollen ist es, worum es Villaronga geht.
Er selbst bezeichnet es in einem auf der DVD enthaltenen Interview als "Kreislauf des Bösen" und erläutert dazu: "Böses bringt Böses hervor und potenziert sich durch die Möglichkeit, Macht und damit Kontrolle auszuüben."
Technisch ist der Film mehr als gelungen. Neben der für Horrorklassiker typischen Kameraführung arbeitet Villaronga viel mit Musik und Geräuschen. Beispielsweise macht das monotone Geräusch der eisernen Lunge manche Szenen noch schwerer erträglich als sie ohnehin schon sind.

Janne Hiller

SP 1987. R & B: Agustí Villaronga K: Jaume Peracaula D: Günter Meisner, David Sust, Marisa Paredes, Gisèle Echevarría Extras: Audiokommentar & Interview mit Agustí Villaronga, kommentierte Bildergalerie, Booklet mit Liner Notes